Wien-Staatsoper: DON GIOVANNI ODER DIE EKSTASE DER LEBENSLUST (13.Juni 2015)
Adam Plachetka, Aida Garifullina. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn
Voll jugendlichem Übermut und als Parabel der Lebenslust – so läuft Don Giovanni von Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo Da Ponte in der aktuellen Mini-Serie. Ein junger, vielversprechender Dirigent Anfang Dreißig gibt die Richtung musikalisch mit dem Orchester der Wiener Staatsoper vor und hat ein ausgezeichnetes Ensemble zu Verfügung : Cornelius Meister – geboren in Hannover – ist offenbar drauf und dran, seine Erfolge mit dem ORF-Radiosymphonie-Orchester auch im Haus am Ring mit den Wiener Philharmonikern zu wiederholen. Nach dem Zauberflöten-Debüt im Vorjahr kann er nun mit dem Don Giovanni reüssieren. Und man darf sich bereits auf Arabella und Ariadne in der Saison 2015/16 freuen. Die Besetzung des Don Giovanni steht und fällt mit der Titelpartie. Bei Adam Plachetka steht sie. Dieser spanische „Erotomane“ sieht blendend aus, ist insgesamt etwas zu derb, sein Piano (im Duett mit Zerlina oder im Ständchen) ist zu wenig resonanzreich. Aber insgesamt liefert er eine imposante Leistung, ist ein „wahres Mannsbild“ und überzeugt besonders mit den Manifestationen der Lebenslust in der Champagner-Arie, im 1.Finale „Viva la liberta“ und mit der „Höllenfahrt“. Dieser gebürtige Prager hat übrigens einen neuen, köstlichen Leporello zur Seite: Paolo Bordogna (Studium u.a. in Pesaro) bringt einen schön klingenden mittelgroßen Bass-Bariton auf die Bühne, erweist sich als komödiantisches Talent und liefert wahrlich einen gleichwertigen Partner zu Don Giovanni. Jedenfalls ahnt man nun, was sich Regisseur Jean-Louis Martinoty und Bühnen-Ausstatter Hans Schavernoch vorgestellt haben. Eine fast tänzerische „Show“ in der Tradition der italienischen Comedia dell’arte. Eine bizarre Reise in die seelischen Abgründe liebeshungriger Menschen. Der Eindruck der skurillen Überladenheit bleibt aber dennoch bestehen. Hochkarätig auch die drei weiblichen „Gegenspielerinnen“: Hibla Gerzmava ist eine wahrlich dramatische Donna Anna. Die Russin imponiert in den dramatischen Ausbrüchen und bewältigt mit Bravour aber auch die große Koloratur-Arie im 2.Teil. Sehr überzeugend auch die aus der Ukraine stammende Sopranistin Olga Bezsmertna als Elvira. Toll aus Liebesgründen – so könnte man das Porträt dieser „Verrückten“ bezeichnen. Die Palme des Abends bei den Damen gebührt dennoch der Russin Aida Garifullina als Zerline. Sie hat von allen die schönste Stimme, die in vielerlei Farben glitzert, ihr Vortrag ist humorvoll und sie sieht entzückend aus. Opernherz was willst Du mehr? Bleiben noch Don Ottavio, Massetto und der Komtur zu erwähnen. Benjamin Bruns – wie Cornelius Meister aus Hannover – hat sich weiter enorm gesteigert, was man vor allem in der der 2. Arie konstatieren kann. Die Stimme hat bereits „heldische“ Dimensionen. Lohengrin und Florestan lassen grüßen. Solide wieder einmal Tae-Joong Yang als Massetto. Der Bariton aus Südkorea gehört seit 2008 zum Ensemble. Und schließlich Ryan Speedo Green aus Virginia/USA. Sein Komtur ist etwas ungeschlacht, aber er entschädigt durch die Fülle seines Materials.
Die Stimmung der Vorstellung passte sich jedenfalls dem Klima-Hoch an. Jubel, Trubel, Heiterkeit.
Peter Dusek