Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
WIENER STAATSOPER: „DON GIOVANNI“ am 14.1.2018. Eine Aufführung mit Nebengeräuschen
Jede Aufführung leidet, wenn die Nebengeräusche zu hoch sind. Im konkreten Fall sind nicht Eltern gemeint, die mit Kleinstkindern auf den Stehplatz gehen (diese haben ohnedies sehr bald das Haus verlassen), sondern ein kontinuierliches Brummen, das auf der Galerie links den gesamten Abend als unerwünschter Orgelpunkt vor allem in den leisen Passagen zu vernehmen war. War das die Klimaanlage oder kam es aus den Beleuchterkammern ?
Dabei war die Besetzung dieser Aufführung durchaus interessant, präsentierten sich doch drei Viertel der Solisten erstmals in Wien in ihren Partien. Der Franzose Ludovic Tézier war in Wien schon in sehr verschiedenen Partien zu hören. Mit dem Giovanni hat man ihn bislang nicht assoziiert, obwohl es die erste Partie war, die er studierte (siehe Interview im Online-Merker https://onlinemerker.com/ludovic-tezier-soll-ich-klagen-weil-ich-verdi-singen-darf) und er bei einer Giovanni-Aufführung seine Gattin kennenlernte, die damals Zerlina sang. Er bringt die samtige Stimme für den Verführer mit, aber den #metoo-gefährdeten Frauenjäger kann ich ihm nicht abnehmen.
Da ist sein Diener Luca Pisaroni aus einem anderen Holz geschnitzt. Ein agiler und spielfreudiger Leporello mit schönem Bassbariton, der diese Partie bislang in Wien auch noch nicht gesungen hat, obwohl er sich bei Mozart hörbar wohl fühlt. Auch bei dem Chinesen Jinxu Xiahou denkt man zunächst nicht an Mozart. Doch der junge Mann erweist sich auch in dieser Rolle als positive Überraschung. Beim Dalla sua pace war zwar die Nervosität noch zu spüren, aber im Laufe des Abends sang er sich frei und das Il mio tesore geriet sehr schön. Dieser erste Ottavio ist ein schönes Versprechen. Ein wenig mehr Praxis in diesem Fach und Wien hat eine weitere Alternative für diese Rolle.
Eine sehr fein geführte Sopranstimme ließ Ekaterina Siurina hören. Das Non mi dir war zart gesponnen. Problematisch wird es, wenn sie zu viel Druck gibt, da neigt die Höhe sehr zur Schärfe. Bei Annette Dasch war es aber egal, ob mit zu viel oder wenig Druck. Sie ließ es mehr als verständlich erscheinen, dass Giovanni sie verlassen hat und nichts mehr von ihr wissen will. Hier gelang nahezu keine Linie und in der tiefen Lage war mehr Sprechgesang zu hören.
Valentina Nafornita. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Leider ist auch die Entwicklung von Valentina Naforniţa nicht sehr erfreulich. Die Stimme wird immer härter und unflexibler und diese Minuspunkte kann sie auch mit nettem Spiel nicht ausgleichen. Ihr Verlobter war erstmals Clemens Unterreiner. Die Partie ist ihm wider Erwarten nicht zu tief und auf gewohnte Art geht er wieder voll in der Rolle auf. Als Komtur ist Dan Paul Dumitrescu ein sonorer, mächtiger Bass, der im Schlussbild wesentlich rücksichtsvoller mit den Tellern umgeht als viele seiner Kollegen.
Sascha Götzel leitet den Abend sehr ordentlich, ohne wesentliche Akzente zu setzen. Der von Martin Schebesta einstudierte Chor der Wiener Staatsoper ist in diesem Werk eher unterfordert.
Hoffentlich geraten die nächsten Aufführungen ohne Nebengeräusche.
Wolfgang Habermann