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WIEN/ Staatsoper: DIE FRAU OHNE SCHATTEN

Anlässlich des 100. Jahrestages der Uraufführung

11.10.2019 | Oper

 

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Camilla Nylund (Kaiserin). Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

DIE FRAU OHNE SCHATTEN – Staatsoper, 10.10.2019 – ANLÄSSLICH DES 100. JAHRESTAGES DER URAUFFÜHRUNG

(Heinrich Schramm-Schiessl)

Auf den Tag genau vor 100 Jahren wurde dieses großartige Werk im Haus am Ring uraufgeführt. Es war dies, sieht man von der 2. Fassung der „Ariadne“ ab, das einzige Werk von Richard Strauss, das in Wien erstmals erklang. Diese Produktion hatte bekanntlich im Mai dieses Jahres anlässlich des 150-Jahrjubiläums des Hauses Premiere und wurde nun mit teils geänderter Besetzung wieder aufgenommen. Dieses Jubiläum würdigte auch Direktor Meyer in einer kurzen Ansprache vor dem Vorhang.

Leider musste Andreas Schager, der nunmehr den Kaiser singen sollte, krankheitsbedingt absagen, es sprang für ihn der Premierensänger Stephen Gould ein. Er bot auch an diesem Abend eine ähnlich gute Leistung wie in der Premiere und erweckte wieder den Einsdruck, dass die ziemlich schwere Tessitura für ihn keinerlei Probleme bedeutet. Lediglich im dritten Akt gelangen einige Spitzentöne nicht wie gewohnt. Ein grosser Datsteller ist er halt nicht. Camilla Nylund war wieder sehr gut als Kaiserin, sang wunderbar auf Linie und hatte kaum Probleme. Auch darstellerisch konnte sie gefallen. Nicht angenehm muss es für sie gewesen sein, dass sich gerade während ihrer grossen Szene im dritten Akt zwei Zwischenvorhänge ineinander verhakten und einer mehrmals krachend auf den Bühnenboden fiel. Besser als im Mai gefiel mir diesmal Nina Stemme als Färberin, denn ihr gelangen diesmal die extremen Höhen wesentlich besser. Ansonsten sang und spielte sie engagiert wie immer. Die drei Debutanten des Abends in den Hauptrollen konnte nicht gefallen. Am besten war noch Tomasz Konieczny als Barak. Er versuchte wirklich auf Linie zu singen, aber es gelang ihm kaum und sein Timbre ist für diese Rolle nicht wirklich geeignet. Die Stimme klingt nicht wirklich und – was noch problematischer ist – sie berührt nicht. Besonders schmerzhaft fällt das am Ende des ersten und am Beginn des dritten Aktes auf. Darstellerisch blieb er blass. Mihoko Fujimura wiederum fehlt für die Amme die notwendige breite Mittellage, sodass sie stellenweise praktisch nicht zu hören ist. Außerdem hat man den ganzen Abend das Gefühl, dass sie jede der drei Lagen mit einer „ánderen“ Stimme singt. Darstellerisch fehlt ihr jede Dämonie. Keinen guten Tag hatte Clemens Unterreiner als Geisterbote. Er hatte sowohl in der Höhe als auch in der Tiefe Probleme und war ebenfalls stellenweise kaum hörbar.
Die kleineren Rollen waren durchaus sorgfältig besetzt. Gut auch der von Thomas Lang einstudierte Chor.

Ausgezeichnet wieder das Orchester unter der grossartigen Leitung von Christian Thielemann. Da stimmt alles vom Anfang bis zum Ende, der Aufbau dieser schwierigen Partitur wird völlig klar und – trotz der Orchesterfluten – durchsichtig realisiert und es gibt diesen unerlässlichen Bogen über den gesamten Abend. Man sollte den Verantwortlichen der Salzburger Osterfestspiele die dringende Empfehlung geben, sich diese Aufführung anzuhören. Vielleicht dämmert ihnen dann, was sie mit ihrer kulturpolitisch opportunistischen Entscheidung angerichtet haben. Das Orchester spielte wie immer, wenn es von einem Dirigenten gefordert wird, „auf der Sesselkante“ und bewies einmal mehr, dass es das beste Opernorchester der Welt ist.

Am Ende gab es viel Jubel und es bleibt nur zu hoffen, dass diese Produktion auch bei der neuen Direktion am Spielplan bleibt.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

 

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