WIEN / Staatsoper: DIE FLEDERMAUS am 04.01.2017
Peter Simonischek (Frosch). Foto: Youtube
Keine Sternstunde, aber gute, interessante Unterhaltung bot die dritte Fledermaus der heurigen Serie, die für uns vom Andenken an Alfred Sramek – dem oftmaligen, köstlichen Gefängnisdirektor Frank – besinnlich gedämpft wurde.
Geprägt wurde dieser Abend von unterschiedlichen Leistungen und verschiedenartigen Interpretationen. Widersprüchlich begann es bereits mit dem Dirigat des Sascha Goetzel, der mit dieser Serie seine ersten Wiener Fledermäuse ablieferte. Die Orchesterpassagen gelangen flott und temperamentvoll – besonders das Vorspiel zum dritten Akt war mitreissend – in den Handlungsszenen ging oft der Zusammenhalt verloren und die Einsätze kamen eher zufällig als geplant. Auch der großartige Staatsopernchor, der gesanglich und darstellerisch überzeugte, hatte unter Asynchronitäten zu leiden.
Die unterschiedlichen Eindrücke fanden auf der Bühne ihre Fortsetzung:
Die dominierende Persönlichkeit war wieder einmal Clemens Unterreiner als Dr. Falke mit edel klingendem, technisch perfektem Bariton. Sein natürlicher Ausdruck und sein Charme erlauben ihm scheinbar mit Leichtigkeit, die Balance zwischen temperamentvollem Spiel und nötiger Zurückhaltung zu finden und so gestaltete er den sympathischen Rächer mit Augenzwinkern aber auch mit Hingabe zu einem Gesamtkunstwerk. Sein „Brüderlein und Schwesterlein“ war wieder der gesangliche Höhepunkt des Abends.
Michael Schade debutierte in dieser Serie als Eisenstein und zeigte sich stimmlich präsent und darstellerisch sehr bemüht. Die Gesangsszenen, in denen er seinen Tenor aufblühen lassen konnte, gehörten zu seinen besten Momenten; in den Spielszenen gab es noch Routinemängel.
Rosalinde, seine Gattin war bei Regine Hangler – wie auch schon im Vorjahr – in verlässlichen Händen. Sie sang eine gute Rosalinde mit beeindruckenden Höhen und tragender Mittellage; in den tiefen Regionen war leider noch weniger Präsenz als vor einem Jahr zu hören. Die ersten Takte der „Klänge der Heimat“ klangen überfordert; die Koloraturen und der strahlende Schlusston entschädigten aber reichlich.
Ihr Verehrer, der bemitleidenswerte Sänger der Wiener Staatsoper, der noch dazu in Österreich Steuern zahlt, hat trotzdem seinen „Hamur“ nicht verloren und wurde von Thomas Ebenstein mit zuverlässigem, schönem Tenor gesungen und ambitioniert gespielt.
Alexandra Steiner, eine junge, hübsche Sporanistin aus Bayern hatte mit der Rolle des Wiener Stubenmadls keinerlei Probleme und gestaltete ihr Hausdebut zu einem großen, persönlichen Erfolg. Das neue Ensemblemitglied besitzt eine klare, schön timbrierte Stimme mit sicheren Höhen und lässt auch schauspielerisch keine Wünsche offen. Gemeinsam mit Regine Hangler gelang das Zusammenspiel zwischen der „Gnädigen“ und dem schlitzohrigen „Zoferl“ sowohl gesanglich als auch als Gesamteindruck – Gratulation zu diesem Debut!
Ihre Schwester Ida wurde – traditionellerweise – von Lydia Rathkolb sowohl mit usurpierendem Gehabe als auch mit Verschmitztheit dargestellt.
Auch Elena Maximova hörten wir erstmals als Prinz Orlosky und waren – besonders bei „Ich lade oft mir Gäste ein“ – begeistert. Ihr großer Mezzosopran verfügt über eine satte Tiefe und über eine wohlklingende Mittellage. Trotz ihrer Zierlichkeit schaffte sie in den Massenszenen eine beeindruckende Bühnenpräsenz und hat sicher eine neue Paraderolle gefunden.
Weniger begeistert waren wir von Wolfgang Bankl als Gefängnisdirektor Frank. Obwohl er diese Rolle in Wien bereits 13 mal gesungen hat, stellte sich noch nicht die Leichtigkeit, die Selbstverständlichkeit und der „Schmäh“, ein, die für diese Rolle unverzichtbar sind. Das tut uns besonders leid, weil wir diesen tollen, sympathischen Bassbariton in vielen anderen Rollen sehr schätzen – niemand kann alles – wir freuen uns auf Arabella!
Sein „Blödelpartner“ Frosch war – wie üblich – Peter Simonischek, dessen Rollengestaltung schon deutliche Abnützungserscheinungen erkennen lässt. Wenn sich einmal bei den „ewigen Gags“ Langweile einstellt, sollten die Alarmglocken schrillen.
Peter Jelosits war ein routinierter Dr. Blind; Csaba Markovits wird als Iwan immer lauter und derber.
Die Vorstellung war unterhaltsam, abwechslungsreich und interessant – wir erlebten – je nach Betrachtungsweise – ein halbvolles oder ein halbleeres Glas.
Maria und Johann Jahnas