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WIEN/ Staatsoper: DESPERATE LOVERS – Le Concert d’Astree – Emmanuelle Haim – Patricia Petibon – Tim Mead

05.06.2019 | Konzert/Liederabende


Tim Mead, Emmanuelle Haim. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Desperate Lovers

Le Concert d’Astree – Emmanuelle Haim – Patricia Petibon – Tim Mead

Wr. Staatsoper, 4.6.2019

In der leider, auf den oberen Rängen nur schütter besetzten,  Staatsoper stellte sich das von Emmanuelle Haim im Jahr 2000 gegründete Barockensemble Le Concert d’Astree zum ersten Mal in diesem Rahmen mit Werken von Georg Friedrich Händel vor. Ob das große Haus dafür die richtige Umgebung war sei nun einmal dahingestellt, aber der fast 2 ½ stündige Abend (inklusive von drei Zugaben) wurde zu einem sehr großen Erfolg.

Seit 15 Jahren ist das Orchester an der Opéra de Lille quasi zu Hause und arbeitet vor allem in Frankreich. Es ist der Staatsoperndirektion zu danken, dass es gelungen ist, ein Konzert der „Desperate Lovers“-Tournee auch nach Wien zu bringen. Emmanuelle Haim, die auch schon unter anderem mit den Wiener Philharmonikern zusammengearbeitet hat, erstellte ein Programm, das neben einigen Ouvertüren aus Händel-Opern auch Arien und Duette für Countertenor und Sopran beinhaltete.

Der Oboist Benoit Laurent stach aus diesem Ensemble hervor, besonders beim Largo des Concerto grosso Nr. 2 op.3 bezauberte er das Publikum mit verinnerlichten Tönen, auch bei anderen Instrumentalstücken konnte er seine Virtuosität zeigen. Ebenso wunderbar das Continuo – Benoit Hartoin (Cembalo), Lynda Sayce (Laute) und Nicola Dal Maso (Kontrabass). Der Sound dieses Originalklang-Orchesters passt perfekt zu den Werken Händels.

Tim Mead, ein 38jähriger Brite, trat zum ersten Mal an der Staatsoper auf und brauchte erst eine Arie, um sich an die Akustik der Staatsoper zu gewöhnen. Er war auf der Galerie relativ schlecht zu hören. Das besserte sich aber danach und er konnte mit stupender Technik überzeugen. Sein Repertoire reicht über Monteverdi über Barock bis hin zu Britten und Glass – ein vielseitiger Künstler, der aber trotz seiner Leistung an diesem Abend im Schatten stand.


Tim Mead, Patricia Petibon. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Der Grund dafür heißt Patricia Petibon. Ich hatte sie seit ihren Auftritten in „Manon“ nicht mehr live gehört und war sehr gespannt wie sich ihre Stimme entwickelt hatte. Nun, von einem Triumph für sie an diesem Abend zu sprechen ist untertrieben. Nach wie vor ist die Stimme intakt, sie hat überhaupt keine Probleme in den Höhen, die Tiefen sind auch akzeptabel. Was aber Petibon ausmacht ist diese energiegeladene Persönlichkeit und die Fähigkeit, total in ihren Rollen aufzugehen. Während Tim Mead relativ steif wirkte, war Petibon mit Leib und Seele bei der Sache. „Lascia ch’io Pianga“ aus Rinaldo wurde zu einer Seelenstriptease – und sie hätte gar nicht singen müssen, das Publikum hätte auf Grund ihrer Bewegungen den Inhalt der Arie auch verstanden. Ehrlich gesagt, das war genau das, was ich mir erhofft hatte, eingedenk des letzten Recitals im Konzerthaus. Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Arie der Alcina „Ah, mio cor“ – unglaublich innig vorgetragen – und Haim und ihr Orchester trugen sie quasi auf Händen – eine perfekte Interpretation.

Das Duett Almirena-Rinald aus „Rinaldo“ beendete den offiziellen Teil des Abends, bei einer Zugabe – bei der es einmal nicht um Liebeschmerz, sondern um ein streitendes Liebespaar ging – zeigt die Französin auch ihre humorvolle Seite (ich konnte leider nicht verstehen um welches Stück es sich da handelte).

Ein alles in allem großartiger Abend, der wieder einmal bewies, dass Barockmusik, auf diesem Niveau aufgeführt, zu den schönsten Epochen der Musikgeschichte zählt.

Kurt Vlach

 

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