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WIEN/ Staatsoper: DER ROSENKAVALIER – Superlative sind angebracht

WIENER STAATSOPER: 18.12.2022    „Der Rosenkavalier“

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Krassimira Stoyanova. Foto: Wienrt Staatsoper/Michael Pöhn

Man soll mit Superlativen sparsam umgehen, aber diese Aufführung hatte reichlich davon zu bieten. Da ist einmal eine uralte (wie mancher progressiver Kritiker sagen würden „langweilige“, „nicht zeitgemäße“ u.v.m.) Inszenierung Otto Schenks, sie möge uns noch sehr lange erhalten bleiben. Man lehnt sich zurück und muss nicht überlegen, warum eine riesige Kanone neben drei rostigen Schirmständern im Schlafzimmer der Marschallin stehen, in dem Leute mit zerrissenen Jeans herumlaufen und seltsame Dinge sagen, sondern ist mit vertrautem Inventar befasst, hört die richtigen Worte, sieht die richtigen Gesten und denkt nicht verschreckt, wer solchen Unsinn ausgeheckt hat.

Wenn dann auch die musikalische Seite nahe der Perfektion abläuft, ist man beim Superlativ „Sternstunde“ gelandet. Philippe Jordan leitete ein äußerst gut disponiertes Orchester mit viel Gefühl für die kostbare Musik Strauss‘, vermeidet es, Sänger zuzudecken und ist ein aufmerksamer Begleiter. Krassimira Stoyanova als Marschallin ist ein unglaublicher Glücksfall. Man glaubt es nicht, dass diese großartige Sängerin schon über zwei Jahrzehnte lang eine der besten Soprane dieses Hauses ist. Ihre warme, facettenreiche und immer sichere Stimme kann man nur bewundern. Auch erfüllt sie die Rolle der reifen Dame der adeligen Gesellschaft mit großer Glaubwürdigkeit, der Abschied von der Jugend/Octavian berührt ungemein. Günther Groissböck, ein Jahrhundert-Ochs von Lerchenau sang die Rolle des Lebemannes mit großer Intensität. Seine in allen Höhen und Tiefen profunde Stimme, sowie das gekonnt Wienerische machen ihn zum mit Abstand besten Sänger dieser Partie. Kate Lindsey war als Octavian ein weiterer Lichtblick. Ihr kräftiger Mezzo kam bestens zur Geltung. Den ungestümen Draufgänger verkörperte sie mit Bravour. Auch Vera Lotte Boecker konnte als Sophie ausgezeichnet reüssieren. Mit ihrer glockenhellen und doch kräftigen Stimme meisterte sie auch alle Spitzentöne makellos. Juan Diego Florez versuchte sich als Sänger. Das Experiment ist nicht ganz geglückt, sein federleichter Tenor war hier etwas zu blass, auch die Höhen kamen nicht so perfekt wie in seinem Stammrepertoire.

Von den kleineren Rollen wäre Adrian Eröd als Faninal und Regine Hangler als Leitmetzerin zu nennen, die ihre Rollen gesanglich und darstellerisch sehr gut über die Rampe brachten. Ein wunderbarer Abend, ein volles Haus, so soll es sein, auch wenn ein Fußballfinale fast gleichzeitig stattfindet. 

Johannes Marksteiner

 

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