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WIEN/ Staatsoper: DER FREISCHÜTZ

Eine Rezension, angelehnt an Heinrich Heines „Deutschland-ein Wintermärchen“ mit dessen Reimschema

09.09.2018 | Oper


Chen Reiss als „Ännchen“ (“ Verliebtheit in Agath‘ nicht verhehlend“). Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIEN/Staatsoper: DER FREISCHÜTZ

 Eine Rezension, angelehnt an Heinrich Heines „Deutschland-ein Wintermärchen“

mit dessen Reimschema

8.9.2018 – Karl Masek

 

Im Juni zweitausendundachtzehn war’s:

„Der Freischütz“ wurd‘ inszenieret.

Fast 20 Jahr‘ ist es inzwischen schon her,

Dass Webers Oper hier wurd‘ aufgeführet.

 

 „Die deutsche romantische Oper schlechthin“

An der Staatsoper man wieder wollt‘ seh‘n!

Christian Räth wurd‘ engagieret sodann,

Sollt‘ bringen Inszenierungs-Ideen.

 

Er las den Roman von Thomas Mann:

Von „Doktor Faustus“ wurd‘ er inspirieret.

‚Leverkühn‘, mit seiner Kunst „verheiratet ist“:

Den „Teufel als Muse“ er spüret.

 

Die Jägergeschichte vom braven Max

Vom Blatt zu spielen, war ihm nicht genug.

Figuren hinterfragen, anders sehen zumal:

(Und sonst gibt‘s ja vielerlei Spuk!)

 

„Ein neues Lied, ein besseres Lied“

Wollt‘ Christian Räth da „errichten“!

Zeitgemäßer das Libretto sollt‘ sein

Als Friedrich Kind es konnt‘ dichten.

 

Und so mutiert der Jägersmann Max

Zum Künstler auf der J a g d nach dem Glück.

Erfolg mit einer Oper zu haben:

Agathe noch hat er im Blick?

 

Max, der Komponist, den die Schreibblockad‘ plagt:

Alptraum, Versagensangst spüret.

Agathe wieder, die nicht so richtig wohl weiß

Wohin die Liebe s i e  führet.

 

Gemeinsame Zukunft mit Max soll es sein?

(Oder ist da gar Ännchen im Spiele?)

Traum und Wirklichkeit verschwimmen sodann,

Sehnsüchte zumal, die Gefühle.

 

Hoffmanneske Dämonie der Caspar verströmt:

Ein Verführer, der auf Abwege leitet.

Das eig’ne Leben vor Samiel retten er will:

Und Max ihn begierig begleitet…

 

 

Keine „Wolfsschlucht“, aber ein brennend‘ Klavier:

Manchen wurde da seltsam zumute.

Samiel, kopfüber vom Schnürboden hängt:

Das hielt man der Regie nicht zugute.

 

„Versungen, vertan!“, rief der Inszenierung man nach.

Von „Rohrkrepierer“ war gar die Rede.

Zum Stück einen heutigen Zugang kreier’n:

Das Feuilleton fand d a s plötzlich öde!

 

Amüsant, wenn die Kritik nach Naturalismus nun ruft:

Sollt‘ Schneider-Siemssen wieder auferstehen?

Hätte Gary McCann genau solches gewagt:

„Altdeutscher Kitsch!“ würden sie krähen.

 

Theoretischer Ansatz und Praxis sodann:

Nicht alles dabei auch gelingt!

Doch es lohnt, sich auseinanderzusetzen damit!

Weil’s neue Perspektiven auch bringt!

 

Zeit wird es, auf Webers Geniestreich zu hör’n!

„Ich fühlt‘ gleich ein stärkeres Klopfen

In meiner Brust. Und glaubte sogar,

Die Augen begunnen zu tropfen …“

 

So ironisch hätte Heine das formuliert,

Wenn die Red‘ ist vom großen Gefühle.

Ist ja alles schon fürs Orchester erdacht.

Im romantisch-dämonischen Spiele!

 

Sebastian Weigle am Pult das Kraftzentrum war,

Die Musik zur Entfaltung zu bringen.

Mit seiner Erfahrung er Klangwunder bracht‘

Im Orchester: Ein Singen und Klingen!

 

Orchester der Staatsoper: „Philharmonisch zumal“

Ein Klangteppich wurd‘ da bereitet:

Die Hörner, Klarinetten, die Streicher alsdann:

Sie alle haben nicht bloß „begleitet“!

 

Die Sänger auf der Bühne: Symphonisch gestaltet

Wurd‘ da ein berührend‘ Geschehen!

Ein Theatererlebnis voll Feuer und Glut

War zu hören, und war auch zu sehen!

 

Christopher Ventris, der britische Wagner-Tenor,

War erstmals als Max hier zu hören.

Vielschichtig‘ Figur und stimmlich‘ Statur:

Mit beidem konnt‘ er betören.

 

 

Anna Gabler, mit lyrisch-edlem Sopran

Eine melancholisch‘ Agathe sie sang.

Schlank und feingliedrig die Stimme sie führt‘

Mit innig-balsamischem Klang.

 

Chen Reiss, nun das Ännchen übernahm:

(Verliebtheit in Agath‘ nicht verhehlend).

Mit quirligem Spiel, quecksilbriger Stimm‘

Des Publikums Gunst nicht verfehlend.

 

Tomasz Konieczny, der sinistre Caspar nun war

„Das Böse schlechthin“ in der Stimme.

Verführerisch und angstvoll das Spiel treibt er an

Mit diabolischem Grimme.

 

Clemens Unterreiner, Gabriel Bermudez indes

Den Sprechtext mit Nachdruck sie brachten.

Cuno und Kilian großen Wert darauf legten,

Auf Deutlichkeit sorgsam zu achten.

 

Mit großer Präsenz Samiel gezeiget hier wird:

Hans Peter Kammerer unheimlich ihn spielt‘!

Allgegenwärtig und mit diabolischer Lust

Die dankbare Roll‘ er erfüllt‘.

 

Ein starkes Hausdebüt Samuel Hasselhorn bot!

Ein Kavaliersbariton wächst da heran!

Betörende Stimm‘ als Ottokar zeigt:

Da ruft bald der „Wolfram“: Alsdann!

 

Falk Struckmann: Auf einem Kristallluster schwebte

Der Eremit da herab.

Mit pathetischen Tönen Wendung er gab:

Vibrato dabei. Nicht zu knapp!

 

Eine Meisterleistung kam wieder vom Chor!

Auch er Protagonist diesmal war!

Perfekt einstudieret von Thomas Lang:

Eine sängerisch „sichere Bank“: Ganz klar!

 

Viel Jubel und ‚Bravo‘ gab es für alle zu hör’n.

Man spielte und sang mit Gefühle.

(Und endlich wieder Musik des Herrn von Weber gehört:

Das war das Schönste am Spiele!)

 

Karl Masek

 

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