20.6.2025- „Das Rheingold“- Wiener Staatsoper
„Der Welt Erbe, gewänne zu eigen, wer aus dem Rheingold, schüfe den Ring, der maßlose Macht ihm verlieh‘.“
Richard Wagners phänomenale „Ring“-Tetralogie ging mit dem beeindruckenden „Rheingold“ in den zweiten „Ring“-Durchlauf an der Wiener Staatsoper. In der sängerfreundlichen, in eine Zeitlosigkeit gehüllte, Inszenierung von Sven-Eric Bechtholf, werden die großen Fragen und Angelegenheiten unserer Existenz assoziationsreich erzählt. In natürlicher Einheit mit der Musik tollen die jugendlichen, attraktiven Rheintöchter mit Alberich herum, akzentuiert und präzise ausgearbeitet die Charaktere der Götter, dunkel, mystisch und geheimnisvoll Nibelheim und schließlich zurückkehrend in die helle Götterwelt (Bühne: Rolf Glittenberg, Kostüme: Marianne Glittenberg). Maßgeblich unterstützt wird die Inszenierung Sven-Eric Bechtolfs von den Videos von Friedrich Zorn. Es öffnet sich die Hinterbühne und auf einer großen Leinwand wird u.a. das Ungeheuer, in das sich Alberich demonstrativ verwandelt, als mächtige Schlange eindrucksvoll sichtbar… Das exzellente Orchester der Wiener Staatsoper gewährleistete eine fulminante Umsetzung des Wagner‘schen Oeuvres. Unter der stringenten, hochmusikalischen Leitung von Philippe Jordan vermochte der umfangreiche Orchesterapparat ein differenziertes, facettenreiches und pointiert lebendiges Klangfaszinosum zu entwickeln. Von der pastosen Tiefe des Rheins, zur getragen anmutenden Welt der Götter bis zur furchterregenden Macht Alberichs in Nibelheim… beherrscht Wagners Klangmagie das imaginäre Weltgeschehen!
Iain Paterson blieb in der Rolle des Wotan vollkommen unauffällig und nebensächlich. Trotz merkbarer Bemühungen seinerseits besitzt er weder die Stimmkraft noch die Persönlichkeit diese bedeutungsvolle Rolle des Göttervaters überzeugend auszufüllen! Beim Schlussapplaus mußte er als Einziger Buh-Rufe einstecken. Martin Hässler zeigte einen präsenten, stimmlich souveränen Donner ebenso wie Jörg Schneider in der Rolle des Froh mit klaren, einwandfreien Spitzentönen. Daniel Behle imponierte als listiger, intrigante Fäden spinnender Loge mit edlem Stimmtimbre und gekonnter Schläue. Monika Bohinec überzeugte als pastose, souveräne Fricka mit starker Persönlichkeit (da ich selber viel die Fricka im „Rheingold“ und in der „Walküre“ gesungen habe, weiß ich um die Anforderungen, die diese Rolle in sich birgt). Regine Hangler verlieh der Freia Durchschlagskraft und Präsenz. Anna Kissjudit beeindruckte als stimmschöne, lyrisch mahnende Erda. Jochen Schmeckenbacher repräsentierte einen zwiespältigen, fiesen und bösartigen Alberich. Michael Laurenz glänzte als Mime mit Überzeugungskraft und Klarheit. Stimmgewaltig die beiden, auf Stelzen gehenden, Riesen, Ilja Kazakov (Fasolt) und Kwangchul Youn (Fafner). Homogen und anmutig die drei Rheintöchter, Ileana Tonca (Woglinde), Isabel Signoret (Wellgunde) und Stephanie Maitland (Flosshilde). Beachtenswert das Bühnenorchester und die Komparserie der Wiener Staatsoper.
Alles in allem eine faszinierende Aufführung, die das Eintauchen in Wagners außergewöhnliche Welt gewährleistete!
Marisa Altmann-Althausen