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WIEN/ Staatsoper: DAPHNE – eine Tenoroper von Richard Strauss?

01.12.2017 | Oper

Wiener Staatsoper

„DAPHNE“ – EINE TENOROPER VON RICHARD STRAUSS? (1.12.2017)

Bildergebnis für wiener staatsoper daphne
Copyright: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Da sage noch  jemand, Richard Strauss habe für Tenöre nichts über gehabt. Bei der Wiederaufnahme der „Bukolischen Tragödie“ mit einem Text von Joseph Gregor überrundeten Andreas Schager als Apollo und Benjamin Bruns  als Leukippos/Dionysos beim Schlussapplaus deutlich die Sängerin der Titelpartie. Die Oberösterreicherin Regine Hangler war denn auch bei ihrem Wiener Rollendebüt mehr ein Versprechen für die Zukunft, dafür aber ein hochkarätiger  Karriere-„Vorgriff“. Während in der von Simon Young exzellent geführten Vorstellung die beiden Kontrahenten in ihrem Werben um die Nymphe Daphne sogar mit der legendären Besetzung des Jahres 1964 unter Karl Böhm mit James King und Fritz Wunderlich gleichzogen.

Damit hat der aus dem südlichen Niederösterreicher stammende Andreas Schager nach einem beispiellosen „Siegeslauf“ sein umjubeltes Wien-Debüt mit einer wirklich anspruchsvollen Rolle versehen. Er begann vor 10 Jahren in Erl als David, wechselte aber bald zu Siegfried. Seither ging es Schlag um Schlag: Dresden, Berlin und München, das Teatro Colon in Buenos Aires, Tristan in Rom, Apollo in Cleveland und in der Carnegie Hall – und Erik in Bayreuth. Jedenfalls hat die Stimme Klang, die Höhe ist stupend, sein Äußeres ist „helden-gemäß“ und eine Super-Karriere ist ihm sicher! Gleichfalls ins Schwärmen komme ich bei Benjamin Bruns. Der aus Hannover stammende Tenor gehört seit 2010 zum Ensemble der Wiener Staatsoper und hat sich stetig – und zugleich behutsam -weiterentwickelt. Sein Leukippos war von der idealen Balance zwischen Lyrik und Dramatik geprägt. Und ich höre Florestan, Max und Lohengrin „heraufdämmern“.

Gegen diese beiden Super-Talente tat sich Regine Hangler naturgemäß schwer. Sie hat weder so viel Material wie Ricarda Merbeth noch so viel lyrisches Raffinement wie einst Hilde Güden. Dennoch wächst auch hier eine exzellente Sängerin mit  heller Strahlkraft heran, die jedoch  beispielsweise  noch am Piano arbeiten müsste.

Einmal mehr bewährte sich die überzeugende Regie von Nicolas Joel (Bühne Pet Halmen): sie siedelt die „Daphne“ zunächst auf der Coach von Siegmund Freud an, dessen Sammelleidenschaft von griechisch-römischen Erinnerungsstücken bekannt ist. Dann wechselt die Traumwelt des 19.Jahrhunderts in die Mythenwelt der Antike, samt schwülstigen Dionysos-Orgien (Choreographie Renato Zanella) und einer stark reduzierten Schluss-Szene – wenn sich Daphne in einen Lorbeer-Baum verwandelt.

Sehr überzeugend waren auch das Eltern-Paar – Dan Paul Dumitrescu und Janina Baechle als Peneios und Gaea; positiv fielen auf: Ileana Tonca und Margaret Plummer als Erste und Zweite Magd. Die 4 Schäfer waren mit Gabriel Bermudez, Wolfgang Igor Derntl, Jens Musger sowie Hans Peter Kammerer   anspruchsvoll besetzt.

Dennoch: eine Strauss-Wiederaufnahme als Tenor-Fest! Das kommt auch nicht alle Tage vor.

Peter Dusek

 

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