Elina Garanca, Zoryana Kushpler. Foto: Michael Pöhn/ Wiener Staatsoper
CAVALLERIA RUSTICANA -PAGLIACCI – Wiener Staatsoper, 18.3.2019
(Heinrich Schramm-Schiessl)
Wie oft ist man in den letzten Jahrzehnten, wenn dieser „Opernzwilling“ am Programm stand, eigentlich nur wegen des zweiten Werkes ins Haus gegangen. An diesem Abend war es anders, da ging man wegen der „Cavalleria“ und zwar weil Elina Garanca endlich auch in Wien die Santuzza sang. Und wie sie sie sang. Sie hat hier zweifelsohne eine neue Traumpartie gefunden. Natürlich, sie ist kein typischer italienischer Mezzo, wie wir sie kennen und schätzen, aber es gelingt ihr dank ihrer Technik und ihrer auch stimmlich gestalterischen Fähigkeiten ein völlig neues, aber nicht minder faszinierendes Rollenbild zu entwickeln. Ihre Stärken sind ihre wunderbare, mittlerweile dunkler gewordene Mittellage und die strahlenden Höhen. Ihre Santuzza ist von Beginn an in sich gekehrt und einigermaßen angsterfüllt, so als würde sie das letale Ende schon ahnen. Da ist es nur folgerichtig, dass sie das „A te la mala Pasqua“ nicht herausschreit – was übrigens heute fast keine Sängerin mehr macht – sondern fast wie beschwörend singt. Schon die „Preghiera“ zu Beginn singt sie mit wunderschön fliessender Stimme und das „Voi lo sapete“ rührt zutiefst. In der Szene mit Alfio spürt man dann sofort, wie sie bereut, dass sie ihm die Wahrheit über Turiddu und seine Frau gesagt hat. Eine ganz grosse Leistung.
Leider schaut es um sie herum traurig aus. Yonghoon Lee, dessen „Siciliana“ schlimmes befürchten liess, erfing sich zwar rasch, aber das war es dann auch schon. Er verfügt zwar über eine intakte Höhe, aber kennt eigentlich nur eine Lautstärke. Differenzierung ist seine Sache nicht und auch das Timbre ist ziemlich uninteressant. Paolo Rumetz ist sicher ein wertvolles Ensemblemitglied, aber mit dem Alfio erweist er sich keinen guten Dienst. Er hat leider wenig Durchschlagskraft – das Auftrittslied verschenkt er nahezu komplett – und er wirkt weder stimmlich noch darstellerisch wirklich bedrohlich. Zoryana Kushpler fehlt es als Lucia leider an Persönlichkeit. Stimmlich kann man zufrieden sein. Svetlina Stoyanova gibt als Lola eine Talentprobe ab.
Marina Rebeka (Nedda), Igor Onishenko (Silvio). Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Auch im zweiten Teil des Abends hinterlässt die weibliche Hauptrolle den besten Eindruck. Marina Rebeka, sicher eine der wichtigsten Soprane unserer Zeit, ist stimmlich leider schon über die Nedda hinaus. Das merkt man besonders im Vogellied, wo es leider an Leichtigkeit fehlt. Die Szene mit Silvio und vor allen Dingen das Finale liegt ihr dann wesentlich besser und kann sie hier ihre Stärken ausspielen. Darstellerisch gefällt sie durchaus. Ihr am nächsten kommt George Petean als Tonio. Er überzeugt durchaus mit dem Prolog, ohne jedoch die Brillanz zu zeigen, die man schon gehört hat. In jedem Fall ist er hier besser aufgehoben als bei Donizetti. Den Rest des Abends ist er zufriedenstellend und gelingt es ihm, den miesen Charakter der Rolle glaubhaft zu machen. Wirklich nicht glücklich wurde man an diesem Abend mit Fabio Sartori als Canio. Dass er nicht unbedingt über eine Qualitätsstimme verfügt, weiss man, aber er singt den ganzen Abend über gleichförmig, ohne irgendwelche Akzente zu setzen. Dazu kommt ein phlegmatisches Spiel, wie man es in dieser Rolle noch selten gesehen hat. Gut, er muss nicht so einen realistischen Furor veranstalten, wie es einst Jon Vickers getan hat – Jeanette Pilou erzählte einmal, dass sie bei ihrer ersten Nedda mit ihm Angst gehabt hätte, er würde sie wirklich umbringen – aber ein Minimum an Emotion wäre doch wünschenswert. Orhan Yildiz hält als Silvio leider nicht das, was man sich nach kleineren Rollen von ihm erwartet hat. Die Stimme klingt zwar in der Mittellage ganz ordentlich, aber in der Höhe wird sie eng. Jörg Schneider ist ein stimmlich und gestalterisch durchaus überzeugender Beppo. Der Chor sang in beiden Werken gut.
Nicht zufrieden war ich mit dem Dirigenten Graeme Jenkins. Sicher, die beiden Werke haben ein grosses Orchester, aber deshalb muss es trotzdem nicht so laut, ja manchmal knallig klingen. Subtilität ist Herrn Jenkins Sache nicht.
Jeweils am Ende gab es verdienten grossen Jubel für Elina Garanca, durchaus verdiente Zustimmung für Marina Rebeka und George Petean, ansonsten unterschiedliche, nicht immer nachvollziehbare Reaktionen bei den übrigen Mitwirkenden.
Zum Schluss noch ein Wort zur Inszenierung. Es war wohltuend beim Aufgehen des Vorhanges die stimmungsvollen Bilder und stilvollen Kostüme Jean-Pierre Ponelles zu sehen und nicht irgendwelche kahle Räume mit Türen, Kuben, Schneelandschaften, Metallgerüsten u.ä. Leider fehlen natürlich viele Details der szt. Regie, wobei manches auch seine Ursache im Sparwahn des vormaligen Direktors hat. An den zukünftigen Direktor sei die dringende Bitte gerichtet, auch diese Produktion in seine Liste der „denkmalgeschützten“ Inszenierungen aufzunehmen. Vielleicht findet man auch noch einen ehemaligen Assistenten Ponelles und das seinerzeitige Regiebuch, um das Ganze aufzufrischen.
Heinrich Schramm-Schiessl