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WIEN/ Staatsoper: CARMEN zu Saisonbeginn

Wien
„Carmen“, Staatsoper, „Saisonbeginn mit Carmen“ am 5.9.2024

Georges Bizets „Carmen“ steht am Beginn der Staatsopersaison 2024/25. Mit Aigul Akhmetshina präsentierte sich erstmals eine junge, bereits international gefragte Carmen dem Wiener Publikum und gab ein überzeugendes Hausdebüt.

Aigul Akhmetshina ist noch keine dreißig Jahre alt und hat innerhalb kurzer Zeit vor allem als Carmen eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Und die sehr gute Kritiken, mit denen zum Beispiel ihre Auftritte in London und New York bedacht worden sind, erweisen sich bei ihrem Staatsoperndebüt als nachvollziehbar. Die Sängerin besitzt einen dunkel grundierten Mezzo, der über alle Lagen sehr ausgewogen klingt und mit poliertem Glanz durch das Auditorium leuchtet. Er besitzt genauso Substanz wie jugendliche Frische: nicht zu schwer, nicht zu dunkel, in der Farbe edel und ohne Trübungen, umhüllt von einem leicht samtigen „Bouquet“, das die Mittellage und Tiefe rundet. Ihre Stimme hat etwas von Werbeaufnahmen in Hochglanzmagazinen: eine auf edel getrimmte Carmen-„Reklame“, die wie ein sich mit Tönen schmückendes Accessoire Bizets Musik luxuriös zur Schau stellt.

Die Oberfläche fühlte sich für mich dabei allerdings ein wenig „glatt“ an. Ihr selbstbewusst ausgespielter „Sex appeal“ erschöpfte seine Verführungskünste bereits im ersten Akt, was auch ein wenig mit der darstellerischen Redundanz ihres erotikbetonenden Gestenrepertoires zu tun hatte…

… Ihr stand mit Vittorio Grigolo ein Don José gegenüber, der in seinem Rollenverständnis immer dazu bereit ist, die sängerische Komfortzone zugunsten bühnendramatischer Emotionen zu verlassen. Grigolo hatte als Don José eine Geschichte zu erzählen, er wühlte sich hinein in diese toxische Beziehung – bei Carmen blieb im Vergleich zu viel an komfortabler Selbstsicherheit spürbar, eine Abgrenzung, ein sich nicht Hineinziehenlassen wollen, vielleicht auch gespeist aus dieser enormen stimmlichen Präsenz und diesem „coolen“ Selbstbewusstsein einer modernen Frau, die ihre Verletzlichkeit lieber kaschiert. Bei Grigolo wurden die Leidenschaften spürbar, die in diesem Kerl lodern, die bereits im zweiten Akt cholerisch-gefährlich hervorbrechen, wie eine Vorwegnahme des bitteren Endes, um dann in der „Blumenarie“ von ihm musiktheatralisch geschickt wieder „eingefangen“ zu werden. So wirkte er auch als Don José wie ein unermüdlicher „Animator“, der unter Vernachlässigung stilistisch ausgefeilten Tenorgesangs jeder Aufführung viel Aufmerksamkeit und Energie abgewinnt…

caop
Aigul Akhmetshina, Vittorio Grigolo: Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

http://www.operinwien.at/werkverz/bizet/acarmen17.htm

Dominik Troger/ www.operinwien.at

 

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