WIENER STAATSOPER: „CARMEN“ am 29.1.2018
Es war die 161 Aufführung in der Regie von Franco Zeffirelli. Sie war sicher nie ein wirklich großer Wurf, aber wie sieht diese Arbeit nun aus? Auf Grund der Sparmaßnahme in der vergangenen Direktion ist vieles verschwunden. Alles, was Effekte macht verschwand. Es gibt keine Pferde, die Arena-Aufmärsche wurden reduziert. Die Stierkämpfer üben sich in peinlichen im Kreis gehen, wobei oft nicht einmal die Hüte gewechselt werden. Der Auftritt des „Alkalde“ geht überhaupt unter. Der Chor steht wie im Oratorium und macht keine einzige Bewegung im Streitchor und sonst auch den gesamten Abend sehr bewegungsreduziert. Wurde eine Gage gestrichen? Das ist kein schönes Geschenk zum 95.Geburtstag des Regisseurs.
Die Aufführung begann schon mit dem Vorspiel etwas müde. Jean- Christophe Spinosi, der wunderbar Barock und Rossini arbeitet hat so gar kein „Gspür“ für die „Carmen“ Da muss es von Anfang an brodeln, wenn da kein Funke überspringt, ist der Ofen rasch aus. Genau so war es leider. Alles gelang zäh, es kam einfach keine Stimmung auf, das wirkt sich sofort auf die gesangliche Umsetzung aus. Der Chor unter Thomas Lang machte langen Abenddienst. Natürlich ein sehr guter Klangkörper, aber Freude an der Vorstellung war nicht merkbar. Wirklich gut und mit Freude an der Sache, Bravo an die Kinder der Opernschule.
Die Hauptrollen wirkten alle irgendwie ausgebremst. Margarita Gritskova hat „Alles“ für die Carmen. Stimmlich ist sicher alles da, was fehlt ist die richtige Führung eines Maestro am Pult, von Spinosi kam leider nichts. Darstellerisch spielt sie ganz richtig die von Trieb und Lust und Freihheitsdrang Getriebene, die unabhängig sein will und keine Sekunde käuflich ist, nicht für das schönste Schmuckstück. Wirklich fertig und ganz besonders gut gelang die „Kartenarie“ und das Schlussduett. Don Jose, eine schwierige, leicht manipulierbare Persönlichkeit ist auch musikalisch eine Herausforderung für jeden Tenor, der dies singen will. Ein dramatischer Tenor ist völlig falsch am Platz, gibt es doch sehr viel lyrische Stellen und auch die Tessitura passt nicht für eine zu dramatische Stimme. Piotr Beczala ist stimmlich sicher genau der Typ dafür, aber er braucht zwei Akte, um in Fahrt zu kommen. Schon im ersten Akt im Duett mit Micaela klang die Stimme verhalten so auch in der „Blumenarie“, diese war von guter sicherer Höhe dominiert aber vom Ausdruck eigentlich nicht vorhanden. Nach der zweiten Pause plötzlich gab er Gas, steigerte sich und das Schlussduett war, wie schon gesagt, großartig. Olga Bezsmertna war die sympathische, und doch immer störende Micaela und zauberte schönste Piani am Ende ihrer Arie. Escamillo ist eine der begehrtesten Rollen, ja das Torerolied ist ein Gassenhauer, (Bizet selber nannte es einen Schmarren) und sonst ist diese Rolle für eine Baritonstimme, wie Carlos Alvarez sie hat, ein Weniges zu tief. Immerhin machte Alvarez das Beste daraus. Die beiden Schmuggler Remendado und Dancairo waren mit Carlos Osuna und Igor Onishchenko sehr gut besetzt, auch die dazugehörenden Damen Frasquita und Mercedes wurden von Simina Ivan und Margaret Plummer gut verkörpert. Mit schnarrender Stimme sang Alexandru Moisiuc einen sehr gemütlichen Zuniga, schön gesungen wurde Morales vom feschen Bariton Orhan Yildiz. Csaba Markovits fiel als Lilas Pastia kaum auf, dafür aber sein Kellner, der wie wild am Sessel tanzte, das man schon fürchtete der Stuhl bricht weg. Als reiferer Torero betete dieser Komparse dann so innig, dass man annehmen könnte, er spielt den Vater von Escamillo.
Eine gründliche Aufarbeitung mit Hilfe des alten Regiebuches könnte zum 95 von Franco Zeffirelli dessen Arbeit (vielleicht) retten. Großer Aufwand, der sich sicher lohnen könnte. Schon um jungen Künstlern eine gute Möglichkeit zu geben
Elena Habermann