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WIEN/ Staatsoper: CARMEN

07.09.2016 | Oper

WIEN / Staatsoper: CARMEN am 06.09.2016


Brandon Jovanovich (Don José), Cristina Pasaroiu (Micaela. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn.

Nach den außergewöhnlichen Eindrücken aus dem Orchestergraben, die uns die beiden Kapellmeister Marco Armiliato und Yannick Nèzet-Sèguin an den ersten beiden Spieltagen der neuen Saison beschert haben, ist nun mit Philippe Auguin in der Carmen der Alltag eingekehrt. Die Ouvertüre und die Aktvorspiele waren die Pluspunkte des Dirigates – hier stimmten Temperament und Gefühl. Die Sängerbegleitung und die Koordination des Orchesters, des Chores und der Solisten war hingegen äusserst unerfreulich. Die hervorragenden Musiker im Orchestergraben erzeugten bei den Soli beglückende Momente, es wurde aber keine durchgehende Linie erzielt. Der Staatsopernchor und ganz besonders der Kinderchor klangen temperamentvoll und klangschön – es waren aber, wie schon bei den ersten Vorstellungen der Saison, deutliche Asynchronitäten vorhanden.

Von Elena Maximova wissen wir seit ihrem Rollendebut vor vier Jahren, dass sie eine authentische Carmen mit beeindruckender guturaler Tiefe und klaren Höhen ist. Inzwischen hat sie ihre beachtlichen Fähigkeiten auch u.a. als Maddalena (Rigoletto) und als Marfa (Chowanschtschina) eindrucksvoll bestätigt. Dass sie in dieser Vorstellung durch eine Knöchelverletzung gehandicapt war, merkte man nur, weil sie vorsorglich angesagt wurde.


Elena Maximova, Clemens Unterreiner. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Der zweite Lichtblick des Abends war das Rollendebut von Clemens Unterreiner in der gefürchteten Rolle des Escamillo, in der wir schon einige namhafte Baritone scheitern sahen (hörten). Dem langjährigen Ensemblemitglied kam die Erfahrung und die Kenntnis des Hauses zu Gute und er ließ sich durch die eigentümliche Tempowahl des Dirigenten nur kurz aus der Fassung bringen. Seine Torero-Arie klang überzeugend, ausdrucksvoll gestaltet und deutlich artikuliert – Gratulation zu einem gelungenen Debut!

Zu den weniger erfreulichen Eindrücken des Abends zählte Brandon Jovanovich als Don Jose. Der amerikanische Tenor mit der beeindruckenden Liste von internationalen Engagements konnte uns besonders in den lyrischen, gefühlvollen Passagen nicht überzeugen. Richtig und kraftvoll gesungen ergibt noch keinen aussergewöhnlichen Don Jose!

Cristina Pasaroiu hatte die undankbare Aufgabe, für Genia Kühmeier, der wohl berührendsten Micaela der Gegenwart, einzuspringen. Sie bot eine tadellose Leistung und sang mit jugendlich frischer, technisch sehr guten Stimme ein durchaus authentisches Bauernmädchen.

Die kleineren Rollen waren aus dem Ensemble der Wiener Staatsoper gut besetzt: Hila Fahima und Ilseyar Khayrulluva harmonierten sehr gut als Frasquita und Mercedes; Alexandru Moisiuc war ein streitbarer Zuniga. Orhan Yildiz (Morales), Joseph Dennis (Remendado) Mihail Dogotari (Dancairo) und Hacik Bayvertian (Lillas Bastia) halfen mit, dass wir in Summe eine gute Repertoirevorstellung erleben konnten.

Die Inszenierung von Franco Zefirelli funktioniert nun schon seit 38 Jahren und wird kein bisschen langweilig. Sie bietet für sämtliche Gefühlslagen das perfekte Umfeld, ermöglicht unterschiedliche Rolleninterpretationen und beweist, dass „große“ Regisseure auch ohne Verfremdung und Verortung spannende Geschichten im Sinne des Autors erzählen können.

Dies sei den Schöpfern der Regiearbeiten der beiden ersten Spieltage (Turandot und Lohengrin) ins Stammbuch geschrieben!

Maria und Johann Jahnas

 

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