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WIEN/ Staatsoper: Ballett SCHWANENSEE – Ein Hauch von Nostalgie und tänzerischer Glanzleistung

08.06.2024 | Ballett/Performance

6.06.2024 Wiener Staatsoper „Schwanensee“ Ein Hauch von Nostalgie und tänzerischer Glanzleistung

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Foto: Wiener Staatsoper/ Ashley Taylor

 Bis heute hat sich jene Inszenierung ihre Gültigkeit und Faszinationskraft bewahrt, die Marius Pepita 1895 mit Lew Iwanow in St.Petersburg herausbrachte. Mit seiner Choreographie der Weißen Akte erfand Iwanow jene Formensprache und Bildästhetik, die den „Mythos Schwanensee“ begründete. Fast 70 Jahre später, in einer völlig veränderten Welt griff Rudolf Nurejew Pepitas und Iwanows Fäden auf, die im 20.Jahrhundert bereits im Osten und Westen unterschiedlicher Nuancen weitergesponnen wurden. Mit der Premiere seines Wiener Schwanensees präsentierte er 1964 eine Verdichtung des russischen Bewegungsmaterials in höchste Virtuosität und lenkte den Fokus auf den Einzelgänger Prinz Siegfried. In der heutigen überlieferten Inszenierung getanzt von Masayu KIMOTO und unter dem neueren Ballettdirektor und Chefchoreographen Martin SCHLÄPFER. Doch selbst durch die in der neueren Produktion und durch eine neue Generation von Tänzer und Tänzerinnen hat diese Inszenierung in keiner Weise an Charme und Schönheit verloren. Schwanensee ist und bleibt ein Dauerbrenner, deren literarische Vorlage nach Alexander Puschkins Märchen und durch die Vertonung Tschaikowskys nie unmodern wird. Zum Glück, so wie bei anderen Klassikern, Schwanensee auch nie durch das moderne Regietheater zu einem experimentellen Versuchsstück werden wird. Traditionell hält man sich an den Vorgaben, so auch an der ersten Fassung, wo die Tänzerin beide Rollen tanzt, nämlich die der Odette und der Odile (Black Swan).  

Somit kommen wir auch gleich auf die großartige Liudmila KONOVALOVA zu sprechen. Die über die Grenzen weit hinaus bekannte Primaballerina wurde am 17. Oktober 1984 in Moskau geboren, begann ihre Ausbildung an der Moskauer Bolschoi Akademie, wo sie bereits ihren ersten Tanzunterricht unter der Leitung von Gennadi Ledjach, ehemaliger Leiter des Bolschoi-Theaters, erhielt. Nach Abschluss der Moskauer Bolschoi Ballettakademie wurde KONOVALOVA 2002 zum Mitglied des russischen Staatsballetts ernannt. 2007 wurde sie an das Staatsballett Berlin verpflichtet und 2009 zur Solotänzerin ernannt. Unter der Leitung von Wladimir Malakhov folgten zahlreiche Soloauftritte in verschiedenste Ballette, unter anderem in „Giselle“, „Schwanensee“, „Der Nussknacker“ „Dornröschen“ und Gastspiele mit Malakhov in Kiew und Finnland. 2010 lud der Direktor der Wiener Staatsoper Manuel Legris die KONOVALOVA in die Balletttruppe seines Theaters als Solotänzerin ein. Im Jahr 2010 nahm sie die Position der Primaballerina ein und seit dieser Zeit gehört sie zum festen Mitglied des Wiener Staatsballetts und verkörperte zahlreiche Hauptrollen, wie in Nurejews „Der Nussknacker“, in „Variationen über ein Thema von Haydn“, „Thema und Variationen“ von Georg Balanchine, „Giselle“, „Don Quijote“, „Dornröschen“ (Uraufführung von Peter Wright), „Schwanensee“, die Partie der Olga in „Onegin“ von John Cranko um nur einige Partien zu nennen. Eine weitere Lehrerin der KONOVALOVA war die ehemalige Primaballerina der Wiener Staatsoper und Partnerin von Nurejew, Brigitte Stadler.

Liudmila KONOVALOVA ist unumstritten die Primaballerina schlechthin und ein Gewinn für die Wiener Staatsoper, ein Stern am Balletthimmel, denn ihre Balletteinlagen sind von einer solchen Perfektion, exzellenter Technik, voller Anmut und Eleganz. Die absoluten Höhepunkte sind nicht nur die Solis sondern auch die Pas de deux mit ihrem Partner Masayu KIMOTO von dem man aber leider eher enttäuscht ist. Zwar technisch ausgezeichnet, aber irgendwo fehlt es doch an Leichtigkeit und Grandiosität eines Mikhail Baryshnikov der durch seine Leichtfüßigkeit und Sprungstärke das Publikum in Atem hielt. Er  bleibt neben Nurejew unvergessen, obwohl man hier keine Vergleiche ziehen darf, aber diese Leichtfüßigkeit und Sprungstärke vermisse ich heute bei einigen Tänzern, obwohl ich andererseits im Ensemble der Wiener Ballettkompanie einige sehr gute Tänzer beobachten konnte.

Zu erwähnen wäre als weiteres Eno PECI als der Zauberer Rotbart. Doch in erster Linie ist es überhaupt dem weiblichen Ensemble zuzuschreiben das hier ein Zauber von tänzerischer Anmut über die Bühne geht. Die großen und die kleinen Schwäne besetzt mit weiteren Solistinnen und jungen Debütantinnen überzeugen nicht nur mit Präzision sondern sind ebenso ausdrucksstark und von einem hinreißenden Charme. Mit einer Leichtigkeit und Eleganz auch das Chor de Ballett auf das man wahrlich stolz sein kann.

Unter der musikalischen Leitung von Paul CONNELLY erklangen Tschaikowskys Klänge, teils zart, dann wieder temperamentvoll in den spanischen, neapolitanischen, polnischen und ungarischen Tänzen. Allein die Akustik in diesem Haus ist in keiner Weise mit der in der Volksoper zu vergleichen. Auch Bühnenbild, Technik, Ensemble und Solisten kommen hier über die Rampe viel besser rüber.

Egal ob man Parterre, in den Logen oder Rängen sitzt man ist mit dem allgemeinen Bühnengeschehen viel näher verbunden.

Ja, die Wiener können stolz sein auf ihre Staatsoper, wo insbesondere Touristen aus aller Herren Länder eine Vorstellung an diesem Haus sich nicht entgehen lassen. Auch in der traditionellen Schwanensee Produktion war das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt.

Ein multikulturelles Völkchen und ein elitäres Wiener Publikum, zum großen Teil in Abendrobe und wenige nur in Jeans, bejubelten am Schluss die großartigen Solisten und das gesamte Ensemble, die es sich nach dieser fulminanten Aufführung redlich verdient hatten.

Ein Muss mehr um wieder des Öfteren in die Staatsoper zu gehen um sich die ein oder andere Vorstellung dort anzusehen.

 

Manuela Miebach

 

 

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