Adrianne Pieczonka, Herbert Lippert. Copyright: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Wiener Staatsoper: HOCHKARÄTIGE „ARIADNE AUF NAXOS“-DEM JUBILÄUM ENTGEGEN (10.9.2018)
Im nächsten Mai wird das Haus am Ring 150 Jahre alt; also wird gefeiert und wie üblich: ganzjährig. Vom 17.-19. September 2018 gibt es ein wissenschaftliches Symposium, dann erscheint ein mehrbändiges Buch und im Mai 2019 treten wohl die Künstler an. Immerhin könnte man die aktuelle Serie von „Ariadne auf Naxos“ in diese Jubiläums-Aktivitäten hineinreklamieren: erstens als Beispiel einer gelungenen Repertoire-Wiederaufnahme; und zweitens als eines der wenigen „Bau-Elemente“ des internationalen Opernbetriebes mit dem Label „Wiener Staatsoper“.
Soviel haben wir da nicht aufzuweisen: neben der „Frau ohne Schatten“ – ebenfalls von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal (UA 1919) ist es Bizet’s „Carmen“ in der Zweitversion, die 1875 ihren Siegeszug vom Haus am Ring genommen hat. Und nicht zu vergessen: Lehars „Giuditta“ 1934 als Beitrag der Krisenjahre…Und immerhin: die aktuelle Version der „Ariadne auf Naxos“ samt Vorspiel im Haus des reichsten Mäzens von Wien gehört auch in diese Kategorie (UA 1916). Sie wird in einer gelungenen Modernisierungs-Version von Sven Erik Bechtold (Bühne Rolf Glittenberg) geboten; am Pult des halbierten Orchesters der Wiener Staatsoper wirkt der einstige Abbado-Assistent Patrick Lange sehr einfühlsam und ambitioniert. Im Vorspiel dominieren Sophie Koch als Komponist: sie stößt in der „Musik-Apotheose“ an ihre Grenzen, ansonsten ist sie der derzeit wohl beste Komponist: jung, verliebt und idealistisch! Souverän der väterliche Musiklehrer, der von Jochen Schmeckenbecher sehr glaubwürdig dargestellt wird. Im Ranking des Vorspiels gehört aber dann schon der köstliche Haushofmeister von Peter Matic angeführt: eine Meisterleistung kluger, geradezu artistischer Artikulation, wie ich sie noch nie erlebt habe. Burg contra Oper: ein luxuriöses Patt! Eine Paraderolle auch für Thomas Ebenstein als Musikmeister, der offenbar tänzerische Ambitionen nicht unterdrücken kann. Pointiert und köstlich Marcus Pelz als „frecher Lakai“; witzig und stimmlich souverän schon der eitle Tenor (Herbert Lippert) und die exaltierte Primadonna (Adrianne Pieczonka); lyrisch und innig Zerbinetta – Hila Fahima : sie kocht den Komponisten wahrlich ein: nomen est omen!
Nach der Pause: die kanadische Sopranistin ist eine wunderbare „Ariadne“ – eher als Schwester der Kaiserin und nicht der Capriccio-Gräfin; Herbert Lippert stößt bei den „Circe-Rufen“ noch an seine vokalen Grenzen; dann macht er verständlich, dass einst auch ein Rudolf Schock ein exzellenter Bacchus war. Ausgezeichnet – sowohl mit der großen Arie und dem schwierigen Ensemble – dann Hila Fahima: die israelische Sopranistin kann hier alle Vorzüge ausspielen, sie trällert und lässt die Koloraturen funkeln; sie ist wortdeutlich und zugleich erotisch! Hochkarätig auch das Nymphen-Terzett: Maria Nazarova, Svetlina Stoyanova und Olga Bezsmertna, exzellent ebenso das Comedia del arte-Quartett; Rafael Fingerlos als besonders junger Harlekin sowie Pavel Kolgatin (Brighella), Wolfgang Bankl (Truffaldin) und Jinxu Xiahou ( Scaramuccio).
Peter Dusek