Wiener Staatsoper 15.04.2025: Umberto Giordano – ANDREA CHÉNIER
Die letzte Vorstellung der aktuellen Serie von Giordanos Andrea Chénier in der Bilderbuchinszenierung von Otto Schenk, der Bühnenausstattung von Rolf Glittenberg und den traumhaften Kostümen der mehrfachen Oscar-Preisträgerin Milena Canonero.
Wie schwer die Partie des Andrea Chénier zu singen ist, konnte man an US-Tenor Michael Fabiano feststellen. Die Mittellage des Sängers, der leider über kaum Italianità verfügt, ist eigentlich recht ansprechend, und die große Arie zu Beginn, Un di, all’azzurro spazio, gelingt ihm noch recht gut, auch wenn die kraftvollen Höhen schon mit deutlich viel Druck gesungen werden. Mit Fortdauer des Abends wird dieser Kraftaufwand des Singens immer hörbarer. Das eigentlich auftrumpfende Si, fui soldato kostet noch mehr Kraft und lodert gleichzeitig bereits auf kleiner Flamme, und bei Come un bel dì di maggio im letzten Akt scheinen Fabiano die stimmlichen Kräfte bereits gänzlich zu verlassen. Er stemmt sich klanglich unschön durch die Spitzentöne und die ganze Nummer, wodurch viel von dem verloren geht, was diese betörende Arie eigentlich ausmacht und beabsichtigt. Während sich beim Publikum danach kaum noch eine Hand regen mag, versuchen wohl ein paar Fabiano-Fans mit verzweifelten Bravo-Rufen Stimmung im Saal zu machen. Vergebens. Vom Typ und Auftreten her gibt der groß gewachsene Fabiano einen schneidigen Chénier ab. Aber das alleine reicht dann halt nicht. Schade.
Nachdem Sonya Yoncheva abgesagt hat, ist Saioa Hernàndez als Maddalena eingesprungen. Damit hat die Staatsoper einen mehr als würdigen Ersatz gefunden, ist die Spanierin derzeit doch eine der gefragtesten Spintosoprane. Vor allem in den Duetten mit Fabiano macht Hernàndez dann einen guten Eindruck, während sie im berühmten La mamma morta dann weniger auf veristisches Feuer setzt und ihr da der Spitzenton zum Ende hin leider etwas entgleitet. In der Höhe neigt ihr Sopran allerdings generell zu einer gewissen Unausgewogenheit.
Der beste Sänger des Abends ist der für Luca Salsi eingesprungene George Petean als Carlo Gérard. Auch er singt zu Beginn noch etwas schaumgebremst, findet dann aber zu einem guten Ausdruck, phrasiert gekonnt und macht dank eines wunderbar ausgeformten Finales Nemico della patria zum Höhepunkt der Aufführung.
Vom restlichen Ensemble fällt besonders Monika Bohinec als alte Madelon, die alles andere als alt klingt, sehr positiv auf.
Dirigent Pier Giorgio Morandi sorgt mit dem Staatsopernorchester für eine geschmackvolle Interpretation und zeigt sich dabei als sehr sängerfreundlicher Dirigent, ohne dabei den veristischen Ausdruck zu vernachlässigen.
Im Schlussapplaus mischt sich bei Fabiano auch ein deutliches Buh darunter, während Petean den stärksten Publikumszuspruch einfährt.
Lukas Link