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WIEN/ Staatsoper: ANDREA CHÉNIER. Dritte Vorstellung

12.01.2019 | Oper


Luca Salsi: Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIENER STAATSOPER:  „ANDREA CHÉNIER“ am 11.1. 2019

Andre Chénier, der Sohn eines franz. Diplomaten wurde nur 35 Jahre alt, als er durch die Guillotine hingerichtet wurde. Drei Tage später endete mit der Hinrichtung von Robespierre das Terrorregime de französischen Revolution.  Auch gab es die Familie „de Coigny“, diese hat die Revolution durch rechtzeitige Flucht unbeschadet überstanden. 

Die Schenk Inszenierung hat immer noch Gültigkeit und wird immer wieder bemüht genau nach dem Regiebuch umgesetzt.

Als Andrea Chenier hinterließ Gregory Kunde nur einen sehr zwiespältigen Eindruck.  Der Beginn „un di all `azzurro spazio“ war mehr als verhalten und mit größter physischer Anstrengung, der zweite Akt konnte mit starken Höhen besser zur Geltung kommen, am besten gelang die Verteidigungsrede „fui soldato“ , dann wieder sehr schwach „come un bel di di maggio“, was doch sehr verwunderlich ist, weil dieser Originaltext von Chénier doch sehr lyrisch gesetzt ist. Das sollte doch eine Spezialität für den Belcantisten sein . Die Stimme klang die meiste Zeit überanstrengt und müde. Obwohl alles richtig gesungen war, fehlte das Feuer des Verismo auch darstellerisch völlig.

Nicht so bei Luca Salsi, einem idealen Vertreter dieses Fachs. Eine sehr schöne, überaus kraftvolle Stimme, die mühelos über alle Orchesterklippen kommt, das „Nemico della patria“ war der absolute Höhepunkt des Abends. Die Umsetzung der Rolle des stolzen Mannes Carlo Gérard gelingt ihm ebenso gut. Er spielt keinen bösen verbittert oder fanatischen Mann, der sich der Revolution angeschlossen hat, sondern einen Exbediensteten, der für soziale Rechte und Gerechtigkeit kämpft. Somit ist auch die Hilfe für Maddalena und Andrea gut nachvollziehbar, wenn auch nicht von Erfolg gekrönt. Tatjana Serjan ist nicht unbedingt Lady Macbeth in der französischen Revolution, dennoch finde ich, dass ihre Stimme für die vielen lyrischen Passagen der Rolle nicht so ganz passend kam. Sehr schön die beiden Duette mit Andrea, die hauptsächlich sie führte, ebenso die große Szene mit Gérard, der ein kongenialer Partner war, die große Arie „la mama morta“ geriet für mein Gefühl doch etwas zu stählern. Einen kecken Teenie zu spielen, wie für den ersten Akt gefordert, ist nie unproblematisch, ab dem zweiten Akt konnte sie darstellerisch voll überzeugen. Lydia Rathkolb als ihre Mutter Contessa di Coigny spielte perfekt das dekadente Wesen, nach dem Motto „da sollen sie doch Kuchen essen. „ Virginie Verrez klang als Bersi zu Beginn etwas unsicher, konnte sich aber im zweiten Akt steigern. Sie spielte gut und sah sehr blass aus. Als alte Madelon konnte Zoryana Kushpler wenig überzeugen. Aufhorchen ließ Boaz Daniel mit feinem Bariton als Chéniers Freund Roucher. Eine Studie der Sonderklasse bot Thomas Ebenstein sowohl darstellerisch wie stimmlich als ein „Incroyable“. Auch Wolfgang Bankl trifft die nötige Derbheit für den Matthieu. Der Musiker Pietro Fléville wird von Igor Onishchenko sehr lyrisch angelegt, sodass man die wirklich schöne Stimme nicht immer gut wahrnehmen konnte. Benedikt Kobel zeigte seine Tanzkünste als ängstlicher arroganter Abbé. Dröhnend klang Alexandru Moisiuc als öffentlicher Ankläger Antoine Quentin Fouquier-Tinville, dessen Kopf am siebenten Mai 1795 fiel. Ein skuriler Haushofmeister bei den de Coignys und später der Mitankläger Dumas ist Marcus Pelz. Der Kerkermeister Schmidt ist unauffällig trotz Körpergröße Ryan Speedo Green.

Am Pult war Verismofeuer als zu laut missverstanden umgesetzt. Frédéric Chaslin ließ das sehr gut differenziert spielende Orchester einfach zu laut aufspielen,  etwas zu viel Blech, ja ich verstehe dass schon sehr, es ist einfach zu verlockend, wie ja auch sehr oft bei Elektra oder Salome.

Hervorragend der Chor, der in dieser Inszenierung immer gerne agiert, sei es als Adelige, Pastorelle oder Revolutionsmegären. Auch die Komparserie war mit Herz dabei, ein Beispiel: Die Dame, die eine Nonne spielt, konnte wirklich ein kleines persönliches Drama gestalten, dies hätte ich mir mehr von der Madelon erwartet. Brava.

Die Kinder der Opernschule machten ihr Aufgaben ebenso sehr gut.

Der Applaus war sehr kurz, zu kurz, die Gesamtleistung hätte mehr verdient.

Elena Habermann

 

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