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WIEN/ Staatsoper: ANDREA CHÉNIER

Die Kaufmann-Fans jubelten, sehr zurecht

27.04.2018 | Oper


Jonas Kaufmann, Orhan Yildiz. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

26.04.2018   Wiener Staatsoper:    „Andrea Chenier“

Otto Schenks Inszenierung mag alt sein, aber wenn man sie mit der Neuinszenierung an der Scala vergleicht, muss sie den Vergleich nicht scheuen. Ein anderer Vergleich fällt allerdings deutlich zuungunsten des „Chenier“ aus: Nach der grandiosen „Danton“- Aufführung hinkt Giordanos Werk sehr hinten nach. Da nun auch der erste Akt gähnende Langeweile verströmte, sowohl im Orchestergraben als auch auf der Bühne, war man auf das Schlimmste gefasst.

Das Orchester unter Marco Armiliato steigerte sich aber im Lauf des Abends zu einem imposanten Kollektiv, nur bei den letzten Takten der Oper ließen die Bläser Unsauberkeiten hören. Jonas Kaufmann war ein hervorragender Chenier, kraftvoll und bombensicher in der Höhe, mit sehr ökonomischem Einsatz seiner Kräfte spielte er den zuerst zögerlichen Dichter, der erst durch die Liebe zu Maddalena zum Widerstandskämpfer wird.

Ebendiese Maddalena wurde von Anja Harteros verkörpert, und da beginnen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung der in Liebe entflammten jungen Frau. Vom Timbre, das man mögen muss abgesehen, strahlt sie Kälte aus, die sie durch sichere und kraftvolle Spitzentöne nicht wettmachen konnte. Roberto Frontali war als Carlo Gerard ein wackerer Vertreter der Abteilung Kraft vor Schönheit. Bei dieser Rolle ist, wie bei Scarpia oder Jago, Stimmschönheit nicht unbedingt erforderlich, niemand wäre dagegen, wäre sie dennoch vorhanden.

Gut besetzt waren die Nebenrollen, etwa Ilseyar Khayrullova als Bersi und Zoryana Kushpler als Madelon. Auch Carlos Osuna als Incroyable und Alexandru Moisiuc als Tinville konnten gefallen.

Die Kaufmann-Fans jubelten, sehr zurecht. Der Zuseher ist am Ende erleichtert, nicht in dieser Zeit gelebt zu haben, und Teil dieses Mobs gewesen zu sein.  

Johannes Marksteiner

 

 

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