Virginie Verrez (Bersi). Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Wiener Staatsoper: Andrea Chenier, 6. Jänner 2019
Das mit Spannung erwartete Wiener Rollendebüt der drei Hauptprotagonisten von Giordanos Meisterwerk hat sich als großer Erfolg erwiesen.
Gregory Kunde, seit etlichen Jahren im dramatischen, italienischen Fach gefeiert, verdankt seinen Ruhm vor allem seiner großen Gesangsintelligenz (als seinen Lehrer und Berater nennt er den Jahrhunderttenor Alfredo Kraus), mit der er seine schöne Stimme, die nicht allzu groß ist, meisterhaft führt und so der schwierigen Rolle des Chenier eindrucksvoll gerecht wird. Strahlende Spitzentöne sind da seine besondere Spezialität.
Die russische Sopranistin Tatiana Serjan, schon als Wiener Lady Macbeth sehr erfolgreich, konnte auch als Maddalena beeindrucken. Groß und in allen Lagen klangvoll und schön ist ihre Stimme, die sie auch sehr differenziert führt.
Kraftvoll setzte sich Luca Salsi, dem ja gerade in dieser Rolle ein großer Ruf vorauseilte, als Gerard in Szene. Irgendwie erinnert er an Aldo Protti. Große, runde Stimme, eindrucksvolle Spitzentöne. Schön, dass man so etwas miterleben kann.
Das alle drei auch hervorragende Darsteller sind, soll auch noch erwähnt werden.
Was zeichnet aber nun die Wiener Staatsoper ganz besonders aus? Sie kann auch für die mittleren Rollen ganz hervorragende Kräfte aufbieten, die alle international im 1. Fach sehr erfolgreich sind.
So ist der Mathieu von Wolfgang Bankl eine im Gedächtnis bleibende Besetzung, er ist einfach ein Typ.
Boaz Daniel, mit erstklassiger Baritonstimme als Roucher und Zoryana Kushpler als berührende Madelon sind Idealbesetzungen. Thomas Ebenstein (Incroyable) liefert eine Charakterstudie, die die Erinnerung an Heinz Zednik wachruft.
Und die in Wien erst seit Kurzem tätige Virginie Verrez ist eine gute, schönstimmige, junge Bersi.
In den kleinen Rollen konnte man Lydia Rathkolb (Gräfin di Coigny), Igor Onishenko (Fleville)Alexandru Moisiuc (Fouquier Tinville), Benedikt Kobel (Abbe), Marcus Pelz (Dumas) und Ryan Speedo Green (Schmidt) erleben.
Frederic Chaslin und das Staatsopernorchester interpretierten das Werk großartig und mit viel Italianita, vielleicht einige Male etwas zu laut.
Den stürmischen Applaus haben sich alle jedenfalls redlich verdient.
Christoph Karner