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WIEN/ Staatsoper: A MIDSUMMER NIGHT’S DREAM – Premiere

02.10.2019 | Oper


Lawrence Zazzo, Erin Morley. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIEN/Staatsoper: A MIDSUMMER NIGHT’S DREAM – Premiere Staatsoper am 2.10.2019

(Heinrich Schramm-Schiessl)

In den Jahren 1957 bis 1964 hatte die zeitgenössische Oper einen bedeutenden Platz im Repertoire der Wr. Staatsoper. Zugegeben, es gab keine Uraufführungen, aber viele Werke wurden bald nach ihrer Uraufführung in den Spielplan aufgenommen. So auch Benjamin Brittens Shakespeare-Vertonung. DIe Produktion, die erste einer Brittenoper im Haus am Ring überhaupt, hatte am 18. Oktober 1962 Premiere. In der Regie von Werner Dueggelin und unter der musikalischen Leitung von Heinrich Hollreiser sang u.a. der unvergessene Gerhard Stolze die zentrale Partie des Oberon. Gesungen wurde in deutscher Sprache, da die Originalsprache damals auf das italienische und französische Repertoire beschränkt war.

Im Gegensatz zu den meisten Opern Brittens – vielleicht mit Ausnahme der Historie „Gloriana“ – in denen immer wieder Aussenseiter der Gesellschaft oder zumindest in ihrer Persönlichkeitsstruktur eigenwillige Charaktere im Mittelpiunkt stehen, handelt es sich hier um eine romantische Komödie nach dem gleichnamigen Stück von William Shakespeare, wobei die Handlung auf drei Akte verknappt wurde und sich mit Ausnahme des zweiten Teiles des dritten Aktes – dieser spielt am Hof des Theseus –  ausschließlich auf die Wald-Szenen beschränkt. Ansonsten hält sich das Libretto von Britten selbst und Peter Pears weitestgehend an die Vorlage Shakespeares.

Der Orchesterpart ist von grossem Melodienreichtum gekennzeichnet, wobei die drei Handlungsebenen durch verschiedene Klangkonstruktionen gekennzeichnet sind. In der Elfenwelt domninieren die hohen Streicher, die Harfen und Rythmusinstrumente, wobei Puck im Gegensatz dazu primär durch Blechbläser charakterisiert wird. Den beiden Liebespaaren sind, vor allen Dingen von den Streichern bestimmte Melodien zugedacht und die Szenen der Handwerker werden von Marsch- und Tanzmusik beherrscht. Besonders köstlich das als Parodie auf die italienische Oper gestaltete Rüpelspiel im dritten Akt. Auch stimmlich unterscheiden sich die einzelnen Handlungsstränge. Entsprechen die Liebespaare den herkömmlichen Stimmzuordnungen Sopran-Mezzo-Tenor und Bariton, so wird Oberon von einem Countertenor und Titania von einem Koloratursopran gesungen, während Puck eine Sprechrolle ist.. Den  Handwerkern sind durchwegs Charakterstimmen zugedacht, wobei höchstens Bottom (Zettel) auch melodiöse Passagen hat.

Nun kehrt das Werk wieder auf den Spielplan der Wiener Staatsoper zurück und diesmal in der englischen Originalsprache. Im Gesamten gesehen war es eine ordentliche Aufführung. Mit der Inszenierung von Irina Brook kann man jedenfalls leben, denn im Gegensatz zur Katastrophenproduktion im Theater an der Wien im vorigen Jahr, wo Damiano Michieletto eine komplett andere Geschichte über das Werk gestülpt hat, wird hier das Libretto realisiert. Zwar spielt das Stück hier nicht direkt im Wald sondsern in einer Burg- oder Schlossruine, die sich in einem Wald oder Park befindet (Bühne: Noelle Ginefri-Corbel). Einziger Wermutstropfen ist der Umstand, dass die Kostüme (Magali Castellan) nur für die Elfenwelt phantasievoll sind, währen die Menschen Alltagskleidung tragen. Es ist zwar nicht alles logisch, was da auf der Bühne abläuft – der Sinn der in den ersten beiden Akten immer wieder auftauchenden Schlange hat sich mir z.B. nicht erschlossen – aber man wurde durch nichts wirklich verstört.

Auch musikalisch konnte man zufrieden sein, auch wenn es natürlich einiges kritisch anzumerken gibt. So hatte ich den Eindruck, dass Valentina Nafornita die Rolle der Helena eine Spur zu dramatisch ist, denn sie klang stellenweise ziemlich scharf. Darstellerisch war sie wie immer engagiert. Josh Lovell (Lysander)lässt eine hübsche frische Tenorstimme hören und auchmit der Gestaltung her konnte man mit ihm zufrieden sein. Rachel Frenkel sang und spielte die Hermia wie immer verlässlich, ohne jedoch größere Akzente zu setzen. Sehr gut Rafael Fingerlos als Demetrius. Sein Bariton strömt sehr schön und auch darstellerisch macht er seine Sache gut. Lawrence Zazzo als Oberon sang zwar tadellos und spielt auch rollendeckend,  aber er ließ mich kalt. Aber vielleicht liegt das daran, dass ich ein grundsätzliches Problem mit Countertenören habe. Erin Morley sang die nicht einfache Partie der Titania sehr gekonnt, konnte aber ebenfalls keine Gefühle vermitteln. Ein Fall für sich ist der Puck des Théo Touvet. Dieser Schauspieler und Artist stellte ein Feuerwerk der wildesten Bewegungen auf die Bühne, allerdings konnte man mit seiner Umsetzung des Sprechtextes überhaupt nicht zufrieden sein. Da blieb vieles undeutlich und unartikuliert. Die wahrscheinlich beste Leistung bot Peter Rose als Bottom. Er hatte eine grosse Bühnenpräsenz, sang mit schöner Stimme und wirkte durchaus komisch. Benjamin Hulett bemühte sich als Flute ebenfalls komisch zu sein und sang ordenlich. Wolfgang Bankl sang den Quince mit auftrumpfender Stimme und agierte seiner Rolle entsprechend. Als übrige Handwerker ergänzten Thomas Ebenstein (Snout), William Thomas (Snug) und Clemens Unterreiner (Starveling). Peter Kellner sang den Theseus zufriedenstellend und Szilvia Vörös ließ wieder einmal ihren schönen Mezzo hören, ist aber in jedem Fall für die Hippolyta eine Überbesetzung.

Das Staatsopernorchester spielte unter der Leitung von Simone Young ausgezeichnet. Alles klang sehr kammermusikalisch, ohne zu vergessen, an den Stellen wo es notwendig ist, auch Kraft zu zeigen. Gut der Chor der Opernschule und in einer kurzen Passage das Wr. Staatsballett.

Am Ende gab es Jubel für alle. Ob die Produktion nachhaltig sein wird ist jedoch mehr als fraglich, denn schon zu Beginn waren zahlreiche Plätze leer und das steigerte sich nach der Pause.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

 

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