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WIEN/ Staatsoper: „64. WIENER OPERNBALL“ – ein glanzvolles Fest mit Abschieden und Premieren

23.02.2020 | Themen Kultur


Eno Peci, Aida Garifullina, Piotr Beczała, James Conlon. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

20.02.2020: „64. WIENER OPERNBALL“. – ein glanzvolles Fest mit Abschieden und Premieren

Dem Konzept von Opernballorganisatorin Maria Großbauer folgend stand unter ihrem Motto „Alles Oper“ heuer die sternflammende Königin der Nacht aus der „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart im Zentrum von Dekoration und Blumenschmuck: dunkle violette Schattierungen dominierten bei den pflanzlichen Gestecken sowie bei den Sträußchen der Debütantinnen. In Anlehnung an den Sternen übersäten Nachthimmel gab es überall  in den Blumenbouquets an den Logen und in den Gebinden des Jungdamenkomitees drapierte Lichterketten – was besonders bei der abgedunkelten Beleuchtung zur Eröffnung gut zur Geltung kam. Neben den wunderschönen Blumenarrangements im Stiegenaufgang waren auch die beiden im Festsaal aufgestellten Mondskulpturen entworfen von Bühnenbildnerin Agnes Hasun eine phantasievolle Ergänzung zum Leitthema des glanzvollen Opernfestes – sie schuf auch das Lebkuchenhaus als bereits fixen Bestandteil des Hausschmuckes und erneuerte die Ausstattung der „Wolfsschlucht“. Auch das von Hubert Schmalix designte Opernball-Plakat greift dieses Thema auf und gestattet einen Blick in die Augen der Königin der Nacht – dieses Sujet findet sich auch im Opernball-Fächer wieder, der vom selben Künstler kreiert wurde. Für die Tiara der Debütantinnen konnte wieder ein Modeschöpfer von Weltrang gewonnen werden: Christian Lacroix entwarf mit „Queen of the Night“ einen Kopfschmuck mit sternförmigen Steinen von Swarovski, um so die Debütantinnen zu sternflammenden Königinnen der Nacht zu krönen.

Fixpunkte bei jeder Opernballeröffnung sind die Fanfare von Karl Rosner – intoniert vom Bühnenorchester der Wiener Staatsoper und heuer erstmals geleitet von Markus Henn – sowie die österreichische Bundeshymne und die Europahymne von Ludwig van Beethoven – ebenso wie die Musikstücke für das Eröffnungskomitee gespielt vom Wiener Opernball Orchester unter der bewährten Leitung von Andreas Spörri.

Eigentlich hätte Daniel Harding den künstlerischen Teil der Eröffnung dirigieren sollen, aber wegen eines schweren Krankheitsfalles in seiner Familie musste er leider absagen. Kurzfristig übernahm dankenswerterweise James Conlon die Stabführung für das Wiener Staatsopernorchester. Der amerikanische Dirigent war am Dienstagabend noch bei der  Premiere von Tschaikowskis Oper „Eugen Onegin“ am Teatro dell’Opera in Rom im Einsatz, bevor er rechtzeitig für die Generalprobe am Mittwoch nach Wien kam.


Das Wiener Staatsballett. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn


Olga Esina, Manuel Legris. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Solotänzer Eno Peci choreografierte nach 2018 nun zum zweiten Mal die Einlage des Wiener Staatsballetts. Damals hatte er sich für die Polka „Feuerfest“, op. 269 von Josef Strauß entschieden, die von den Studierenden der Ballettakademie der Wiener Staatsoper getanzt wurde sowie für seine Kolleginnen und Kollegen aus der Compagnie für den Walzer „Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust“, op. 263 vom selben Komponisten. Auch heuer durfte er sich das Musikstück selbst aussuchen und wählte passend zum Thema des Abends den Walzer „Abendblätter“ von Jacques Offenbach als Analogie zum bekannteren „Morgenblätter-Walzer“ von Johann Strauß Sohn – beide Walzer hatten ihre Uraufführung am Concordia-Ball von 1864. Die mehr als 50 Tänzerinnen und Tänzer präsentierten eine edle wie charmante, leichtfüßige wie einfallsreiche Choreografie: angeführt von Ballettchef Manuel Legris, der nach 10 Jahren wieder in einer Balletteinlage bei der Opernballeröffnung auftrat, waren fast alle Ersten Solistinnen und Erste Solisten sowie alle Solistinnen und Solisten gemeinsam mit dem Corps de ballet und inklusive der Studierenden der Ballettakademie zu sehen. Zunächst ließ Eno Peci durch Christian Herden, ehemals Mitglied im Ballett der Wiener Staatsoper und nun Tanzprobenleiter für Chor und Statisterie, eine Schneiderpuppe mit Frack hereinrollen – den  Manuel Legris anlegte, bevor er dann mit seiner Companie tanzte. In edlen Formationswechseln, die Weite des Ballsaales in ästhetischer Schönheit fließend nutzend, begeisterte das Ballett das Publikum. Stellvertretend für alle seien hier genannt Olga EsinaJakob Feyferlik, Ketevan PapavaRoman Lazik, Nina PolákováMasayu Kimoto, Maria YakovlevaRobert Gabdullin, Nikisha FogoDavide Dato, Natascha MairDenys Cherevychko, Rebecca HornerMihail Sosnovschi, Alice FirenzeGéraud Wielick, Ioanna AvraamAndrey Teterin, Madison YoungDumitru Taran, Elena BottaroRichard Szabó.

Nach der Ouvertüre der Oper „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart folgte mit den Gesangsdarbietungen ein weiterer Höhepunkt der Eröffnung. Startenor KS Piotr Beczala begeisterte zuerst mit “E lucevan le stelle” aus “Tosca” von Giacomo Puccini – es ist immer ein ganz besonderer Genuss diesen charismatischen Sänger mit seinem edlen Timbre hören zu dürfen. Während er mit dieser Arie nicht nur sein grandioses Opernballgesangsdebut gab – er besuchte auch erstmalig den Opernball – war seine Partnerin Aida Garifullina bereits 2015 hier zu hören – mit “Je veux vivre“ aus „Roméo et Juliette“ von Charles Gounod. Damals wie heute ganz hinreissend bezauberte die junge Sopranistin durch ihre prachtvolle Stimme. Mit Piotr Beczala sang sie „Sempre libera“ aus „La  Traviata” von Giuseppe Verdi und gab damit einen überzeugenden Vorgeschmack auf ihr Debut als Violetta im Juni an der Wiener Staatsoper. Zum Abschluss entführten diese beiden wunderbaren Künstler mit dem Duett  „Tanzen möchte´ ich“ aus der “Csárdásfürstin” von Emmerich Kálmán in die Welt der Operette.

Novitäten fanden sich auch bei der Eröffnung, denn zum ersten Mal war die Tanzschule Santner für den gesamten Part des Eröffnungskomitees zuständig: Unter der Leitung von Maria und Christoph Santner wurden der Einzug, die Polka und der Walzer gestaltet. 144 Paare zogen zur Polonaise in A-Dur, op. 40 Nr. 1 von Frédéric Chopin ein. Die Bauernpolka, Polka française op. 276 von Johann Strauß Sohn brachte hohe Anforderungen an die Eröffnenden, wurde doch mit den Füßen im Takt gestampft, in interessanten Formationswechseln getanzt und sogar gesungen. Gab es bei der Generalprobe noch einige Ohnmachten bei den Jungdamen vom Komitee, so klappte jetzt alles und mit dem Eröffnungswalzer  „An der Schönen blauen Donau, op. 314 von Johann Strauß Sohn und dem „Alles Walzer“-Ruf aller Künstler gehörte das Tanzparkett den rund 5200 Ballgästen.

Weitere Fixpunkte im Ballprogramm sind jedes Jahr die von Maria Santner angesagten Quadrillefiguren um Mitternacht („Fledermaus-Quadrille, op. 363 von Johann Strauß Sohn), 2.00 Uhr („Orpheus“-Quadrille, op. 236, ebenfalls Johan Strauß Sohn) und mit der „Maskenball“-Quadrille, op. 272 gab es noch eine weitere vom selben Komponisten nach Motiven der gleichnamigen Oper von Giuseppe Verdi um 4.00 Uhr früh.

Unter den vielen Musikangeboten im Haus gab es erstmals zwei Schauspielerinnen mit live-acts: am Balkon (rechts) bot Burgschauspielerin Maria Happel ein Edith Piaf-Programm und Nina Proll beschäftigte sich singend mit der  Frage „Kann den Liebe Sünde sein?“. Die stimmgewaltige und vielseitige Tini Kainrath sang im Festsaal mit dem Bernd Fröhlich Orchester, das abwechselnd mit dem Wiener Opernballorchester unter Andreas Spörri für Tanzmusik sorgte.

Wer nicht nur mit Selfies Eindrücke mit heim nehmen wollte, konnte sich mittels Foto-Box – aufgestellt am Balkon (links) – auch mit Requisiten aus der Oper verschönern und Erinnerungsfotos machen. 

Während viele ihrer Kolleginnen sich Kleider bekannter Designer für die Ballnacht aussuchten, stellte die Erste Solotänzerin Maria Yakovleva nicht nur bei der Eröffnung tanzend ihr künstlerisches Talent unter Beweis, sie gestaltete auch den Entwurf ihrer Abendrobe, der von einer befreundeten Designerin umgesetzt wurde und passte mit diesem schulterfreien Ballkleid in einem schönen samtigen dunklen Rotton perfekt in die Farben des Abends. 

Wie auch in den Jahren zuvor ist es Maria Großbauer ein Anliegen mit verschiedenen Aktionen Geld für karitative Projekte zu sammeln. Die Ballgäste erhalten die Gelegenheit durch die mittels Spende erworbenen Lebkuchenherzen oder der von KS Benedikt Kobel illustrierten Spielkarten den guten Zweck zu unterstützen: der Reinerlös geht an die bekannte Obdachlosenunterkunft Gruft und das Musikprojekt Superar, das benachteiligten Kindern Zugang zu Musik ermöglicht. Gab es zuvor das von KS Benedikt Kobel gestaltete Ansichtskartenset, wurde diesmal von ihm ein Schwarzer-Peter-Kartenspiel mit bekannten Paaren aus der Welt der Oper und des Balletts aufgelegt.

Um auch den heurigen Geburtstags-Jubiläums-Komponisten Ludwig van Beethoven zu würdigen, gab es erstmals die Negroni Secret Bar, zu der der Zutritt nur mit einem Codewort möglich war – inspiriert von einer Oper des Komponisten – und die versteckt im 2. Souterrain des Hauses lag. Der Erlös aus den hier konsumierten Getränken ging ebenfalls an die Gruft und Superar.

Als kulinarische Novitäten auf dem Ball wurden österreichische Köstlichkeiten wie u.a. Käseteller in Variation passend zu Weiß- oder Rotwein sowie Feigenkreationen serviert. Farblich passend gemäß dem Motto des Abends galt es das dunkelviolette Johannisbeereis namens „Nachthimmel“ verfeinert mit goldenem Sternenstaub zu verkosten. Neben den Weinen von österreichsicher Traditionsweingütern wurde auch ein eigener Opernball-Cocktail inspiriert von Benjamin Brittens „A Midsummer Night´s Dream“ kredenzt: den „Magic Nectar – The Flower’s Force“ gab es in der Opernball-Disco. Zu fortgeschrittener Stunde waren dann vielleicht die erstmals angebotenen Buttercroissants mit Katertee die passende Stärkung.

Da dieser 64. Opernball der vierte und damit letzte von Maria Großbauer organisierte ist – sie selbst gab dies kürzlich bekannt – wollte sie sich dennoch auf besondere Weise verabschieden: um 23.50 spielte die studierte Jazz-Saxophonistin im großen Ballsaal gemeinsam mit dem berühmten Jazz-Posaunisten Nils Landgren „In a sentimental mood“ von Duke Ellington, begleitet vom Bernd Fröhlich Orchester.

Ein weiterer Abschied galt Prof. Johann Turek, der seit 40 Jahren auf dem Opernball im Einsatz war. Für sein letztes musikalisches Mitwirken war er beim exklusiven Treffpunkt der Künstlerinnen und Künstler im Opernsalon im 4. Stock zu hören, wo er am Flügel für stilvolle Unterhaltung sorgte. Einen Spezialauftritt gab es dort um 1.30 Uhr auf der zum gemütlichen Lokal umfunktionierten Carlos Kleiber Probebühne durch fünf Philharmoniker, die gemeinsam mit Nils Landgren für eine fetzige Jazz-Session sorgten.


Maria Großbauer, Dominique Meyer. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Auch Staatsoperndirektor Dominique Meyer absolvierte seinen letzten Wiener Opernball – er wechselt an die Scala in Mailand und Manuel Legris wird ihn als Ballettchef dorthin begleiten. Das glanzvolle Fest endete um 5.00 Uhr früh – während im Hintergrund bereits der Abbau beginnt, fand dann im Ballsaal die „Zauberflöte für Kinder“ statt bevor tags darauf wieder der reguläre Spielbetrieb startet. 

Ira Werbowsky

 

 

 

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