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Wien/ Staaatsoper: LA BOHÈME . „Bernheim-Festspiele“

Wiener Staatsoper 25.01.2023: Giacomo Puccini – LA BOHÈME     

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Benjamin Bernheim, Rachel Willis-Sorensen. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn 

Aktuell finden Benjamin-Bernheim-Festspiele in Wien statt. Er ist nicht nur in der derzeit laufenden Bohème-Serie an der Wiener Staatsoper als Rodolfo zu erleben, sondern war dieser Tage auch bei der Präsentation des Buches „Voices“ im Gustav-Mahler-Saal der Staatsoper zu sehen als auch Gast eines von den Wiener Opernfreunden veranstalteten Künstlergespräches.

In den letzten Monaten begeisterte Benjamin Bernheim in Wien mit dem Rigoletto-Herzog und zuvor mit dem Edgardo. In der Bohème – in der legendären und perfekten Zeffirelli-Inszenierung – überstrahlt der französische Sänger mit seiner geschmeidigen und in allen Lagen perfekt ausgeglichenen Tenorstimme alles und jeden. Da sitzt einfach jeder Ton. Die junge, kräftige und gesunde Stimme ist herrlich lyrisch, verfügt über den so wichtigen Puccini-Schmelz und ist zudem mit ihrer Portion Metall einfach ideal für den Poeten Rodolfo.

Egal in welcher Tonlage er singt – Bernheim gelingt einfach alles. In der Arie Che gelida manina lässt er ein sensationelles hohes C erklingen. Der Tenor, der inzwischen – trotz seiner erst jungen 37 Jahre – zu den Besten überhaupt zählt, sorgt von Anfang bis Ende für Hochgenuss und wird zu Recht zum umjubelten Mittelpunkt der Aufführung.

Rachel Willis-Sorensen ist keine schüchterne Mimi, sondern wirkt schon recht selbstbewusst. Was auch sicher an der Stimme der US-Amerikanerin liegt die alles andere als zärtlich fragil erklingt. Ihr Sopran ist eigentlich schon zu kräftig und zu schwer für die mädchenhafte Mimi und die Sängerin bemüht sich die Stimme etwas zurückzunehmen. So ganz will diese nicht mit dem Timbre Bernheims harmonieren, auch wenn die beiden Sänger gut miteinander spielen können. Im finalen Akt blüht ihre Stimme dann so richtig auf, wird richtig inniglich, und sorgt so mit ihrem Tenorpartner für ein berührendes und wunderschön gesungenes Finale.

Boris Pinkhasovich ist mit seinem kernigen Bariton ein guter Marcello, auch wenn er phasenweise zu sehr auf Lautstärke setzt. Die Musetta wird ja gerne mit leichteren Stimmen besetzt. In dieser Serie überrascht die Staatsoper mit Anna Bondarenko deren Sopran deutlich kräftiger und dunkler ist als man das gewohnt ist.

Spielfreudig zeigt sich Stefan Astakhov als Schaunard der auch stimmlich zu gefallen weiß. Peter Kellner komplettiert das Männerquartett als gut disponierter Colline, der sich zärtlich von seinem Mantel zu verabschieden weiß.

Eun Sun Kim dirigiert das Orchester der Wiener Staatsoper zu Beginn recht stürmisch, ist wie im Vorjahr bei ihrem letzten Bohème-Dirigat recht forsch unterwegs. Erst zum Ende hin lässt sie endlich doch Sentiment aufkommen.

Am Ende der Vorstellung applaudiert das Publikum – auch noch vom besonders ergreifend dargebotenen Finale mitgenommen – recht heftig, wobei wenig überraschend Benjamin Bernheim den größten Jubel des Abends einfährt.

Bleibt nur noch zu hoffen, dass man Bernheim nun auch baldigst in seinen großen französischen Rollen – Werther, Romeo, Des Grieux, Hoffmann oder Faust – in Wien erleben kann.

Lukas Link

 

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