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WIEN/ Semperdepot/“wien modern“: „FACE“ von Pierluigi Billone. Uraufführung

05.11.2016 | Oper

Musik-Festival „Wien Modern“:

„Face“ von Pierluigi Billone (Uraufführung: 4. 11. 2016)

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Pierluigi Billone. Foto: Wien modern

Das Musik-Festival „Wien Modern“, das einen Monat lang (30. 10. bis 30. 11. 2016) 88 Veranstaltungen mit 55 Ur- und Erstaufführungen an 21 Spielstätten bietet, gilt als eines der weltweit größten Festivals seiner Art. Es ist bemüht, auf vielfältige Art und Weise dem Publikum den heutigen Stand der zeitgenössischen Musik von Wiener und Wahlwiener Komponistinnen und Komponisten und ihrer Vorgeschichte zu zeigen.

Am 4. November wurde im Semperdepot das Werk „Face“ des in Österreich lebenden Komponisten Pierluigi Billone als Auftragswerk des Festivals Wien Modern und der Philharmonie Luxembourg uraufgeführt.

Pierluigi Billone (geb. 1960 in Italien), der seine Ausbildung von Salvatore Sciarrino und Helmut Lachenmann erhielt, ist für Werke bekannt, in denen er die Spieltechniken der Instrumente neu zu erfinden sucht. Für seine jüngste Komposition für Stimme und Ensemble hat er gemeinsam mit der Sopranistin Anna Clare Hauf die Klangmöglichkeiten einer Stimme neu ausgelotet und mit dem Ensemble „Phace“, das von L. Leonhard Garms geleitet wurde, alle Möglichkeiten an Tönen und Geräuschen aus deren Instrumenten erarbeitet, wobei die Klangregie Alfred Reiter ausübte. Man kann dem Komponisten nicht absprechen, ein „Ton-Künstler“ des 21. Jahrhunderts zu sein.

Sein neuartiges Musikwerk „Face“ mit einer Aufführungszeit von knapp einer Stunde bot dem Publikum im ausverkauften Semperdepot eine Unzahl an Tönen und Geräuschen an, die es  bisher in Konzerten vermutlich noch nie in dieser Menge zu hören bekam. Von krächzenden, klirrenden, schlagenden, pfeifenden, zischenden, sägenden, rauschenden, reibenden, kratzenden, grunzenden, schleifenden, polternden Tönen und Geräuschen bis zu Klagelauten, wie Seufzen, Stöhnen, Jammern, aber auch viele Tierlaute, wie brummen, miauen, bellen, bis hin zu menschlichen Lauten, wie schreien, brüllen, heulen, kotzen und so weiter und so weiter…

Viele Barockkomponisten schafften es, mit großformatigem Blech die Geräusche von Unwettern aller Art – Gewitter, aber auch seelische Zustände – dem Publikum näherzubringen. Auch diese Töne waren im Semperdepot zu hören. Wie auch Fluggeräusche eines abstürzenden Flugzeugs und das Rauschen des Meeres…

Anna Clare Hauf, aus vielen Opernaufführungen der vergangenen Jahre bekannt, schaffte es spielend, die höchsten Töne ihrer Stimme wiederzugeben, ein Musiker der Schlaginstrumente steuerte die männlichen Laute einer Stimme bei – für Abwechslung war also gesorgt.

Am Schluss lang anhaltender Beifall des Publikums für alle Mitwirkenden und den Komponisten, wobei die Musiker auch einander Beifall zollten – oder war dieser Applaus für das Publikum gedacht? Ich habe nur drei Zuschauer gezählt, die den Raum während der Vorstellung verließen!

Udo Pacolt

 

 

 

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