Wien / Schlosstheater Schönbrunn / WIENER BLUT
Operette in drei Akten von Johann Strauss
Eine Koproduktion von Johann Strauss 2025 Wien und Aalto Musiktheater Essen
Aus Motiven von Johann Strauss‘ Walzer Wiener Blut (1873) und anderen Werken stellte Adolf Müller jun. 1899 kurz nach Strauss‘ Tod die Operette WIENER BLUT zusammen, Texte von Viktor Léon und Leo Stein.
Uraufführung: 25. Oktober 1899 in Wien im Theater an der Wien
Bericht über die Aufführung am 13. August 2025 (Premiere 10.03.2025, acht Folgetermine bis 31.08.2025)
BALDUIN GRAF ZEDLAU / David Kerber – FÜRST YPSHEIM-GINDELBACH / Alexander Strömer – FRANZISKA CAGLIARI / Anett Fritsch – GABRIELE GRÄFIN ZEDLAU / Nikola Hillebrand – Ensemble der Tänzerinnen und Tänzer
© Victoria Nazarova
Worum geht es?
Im Mittelpunkt der Handlung steht Graf Balduin Zedlau, Gesandter des deutschen Fürstentums Reuß-Schleiz-Greiz, der in Wien seine amourösen Abenteuer mit mehreren Frauen gleichzeitig auslebt. Seine langjährige Geliebte, die Tänzerin Franziska Cagliari, weiß um seine Pantscherln, Gspusis und Seitensprünge. Aktuell bemüht sich der Graf um die Probiermamsell Pepi. Seine Frau Gabriele kehrt anlässlich des Wiener Kongresses nach mehrjähriger Trennung nach Wien zurück. Es kommt zu turbulenten Verwechslungen und Eifersuchtsszenen, die ihren Höhepunkt bei einer „Remasuri“ in Hietzing erreichen, wo Graf Balduin sein letztes Rendezvous besingt, da er sich in die eigene Frau verliebt hat. Letztendlich finden sich die richtigen Paare und das „Wiener Blut“ wird als Ursache für alle Verwicklungen enttarnt: „Wiener Blut, / Wiener Blut, / Eig’ner Saft, / Voller Kraft, / Voller Glut, / Du erhebst, / Du belebst unser’n Mut! / Wiener Blut!“
Nicolaus Habjan führt Regie wie schon bei der konzertanten Aufführung von KARNEVAL IN ROM am 22. Februar 2025 im Theater an der Wien. Er nutzt wieder eine Klappmaulpuppe, um einige bissige Pointen in die Handlung einzubauen. Leider gelingt das bei der Figur des Grafen Bitowski nicht annähernd so originell wie bei der Figur des Professors Julius Bienenzeisel im Karneval von Rom.
Der Star der Aufführung ist das Schlosstheater Schönbrunn, ein ungemein stimmungsvoller Ort. Das Theater wurde zwischen 1744 und 1749 von Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg im Auftrag von Maria Theresia erbaut und ist das älteste noch bespielte Theater Wiens. Zuletzt 2010 renoviert beeindruckt der barocke Raum in Gold und Rot. Die Zuschauer im Parterre und in den Ranglogen werden zu Akteuren, wenn sie gebeten werden, sich beim Einzug der Tänzerinnen und Tänzer zum Ball zu erheben.
Die Technik hat gelegentlich Schwächen. So werden die Übertitel in Deutsch und Englisch nicht durchgehend in beiden Sprachen eingeblendet.
Die drei Frauenfiguren rund um Graf Zedlau beeindrucken optisch und sängerisch. Es sind dies Nikola Hillebrand als Gräfin Zedlau, Anett Fritsch als Franziska Cagliari und Sophie Mitterhuber als Probiermamsell Pepi. David Kerber als Graf Zedlau berührt besonders im Sextett im Dritten Akt mit „Das ist mein letztes Rendezvous“. Der Publikumsliebling Boris Eder gibt den aktentragenden Sekretär und Kammerdiener mit viel Charme, Alexander Strömer einen herrlich trotteligen Parade-Piefke. Das Wiener Kammerorchester und der Wiener Kammerchor beeindrucken unter der Leitung von Hannah Eisendle, die am Schluss mit besonders viel Applaus gewürdigt wird.
Resümee: Gediegene Sommerunterhaltung mit gelegentlichen Längen in einem besonderen Rahmen
Nutzen Sie die Gelegenheit, beim Verlassen des Theaters einige Minuten das beleuchtete Schloss Schönbrunn und den menschenleeren Vorhof auf sich wirken zu lassen!
Elisabeth Dietrich-Schulz