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WIEN / Scala: GLAUBE LIEBE HOFFNUNG

11.12.2013 | Theater

Scala Glaube. im Auto

WIEN / Scala:
GLAUBE LIEBE HOFFNUNG von Ödön von Horvath
Premiere: 3. Dezember 2013,
besucht wurde die Aufführung am 10. Dezember 2013

Der „kleine Totentanz“, den Ödon von Horvath mit „Glaube Liebe Hoffnung“ geschrieben hat, wird besonders oft gespielt – in Wien waren es in den letzten Jahren Josefstadt, Burgtheater (in Kusej-Regie), Volkstheater, im Ensembletheater verkörperte Ursula Strauss vor ihrem Fernsehruhm eindringlich die Hauptrolle, erst in den vorangegangenen Festwochen zeigte Christian Marthaler seine ausufernde Version des kleinen Stücks.

In der Scala ist nun Regisseur Peter Gruber (der nach eigener Aussage „in jeder Ecke“ von heute Horvath sieht) zu der Knappheit zurückgekehrt, mit der Horvath das Schicksal jener nicht genau definierten Elisabeth gezeichnet hat, die Strandgut der Arbeitslosigkeit ist. Weil gerade dieses Phänomen heute wieder das Leben vieler Menschen bestimmt, auch und vor allem der jungen, glaubte Gruber wohl die Versetzung aus der Welt der Zwischenkriegszeit in die unsere gerechtfertigt.

Er tut es nur in Kleinigkeiten (etwa das Handy, das die Heldin mit sich trägt, die Bildschirme, vor denen die Polizisten sitzen, die Kopfhörer, mit denen man sich seine Pop-Musik hineinzieht), aber es funktioniert nicht. Man kann den „Wandergewerbeschein“ nicht ins Heute holen, nicht das „Hüftgürtelkorsett“, das von Tür zu Tür an die Frau gebracht werden soll, nicht den Mief dieser Welt – heute würde eine junge Frau, die dermaßen zum Überleben entschlossen ist wie Elisabeth, ununterbrochen auf dem Handy die Stellenangebote durchsurfen…

Aber glücklicherweise hat sich Gruber nicht auf die Modernisierung kapriziert, sondern lässt das Stück sprechen, und damit ist es aktuell genug – schon allein, indem die Heldin Elisabeth in Gestalt von Barbara Braun so gar nicht das übliche Horvath-Unglückshascherl von gestern darstellt, sondern eine Rebellin von heute. Allerdings ist sie die einzige, die Horvaths „gespreizte“ Sprache ebenso spricht, während es allen anderen gelingt, sie in selbstverständlichen Alltagsjargon umzuwandeln…

In der so geschickten wie einfachen Bühnenbildlösung von Walter Vogelweider, die allerdings immerhin mit einem ganzen Auto auf der Bühne prunkt (die Kostüme von Alexandra Fitzinger versuchen sich zeitneutral zu geben), agiert ein glänzendes Ensemble, die meisten in vielen Rollen. Zu den nachdrücklichsten Studien zählen der so seltsame, so unglückliche Präparator von Robert Ceeh, der Schupo von Roman Binder, dessen scheinbares soziales Mitgefühl immer in weinerliches Selbstmitleid mündet, die Korsagen-Lady der Christina Saginth, aber auch ohne Leopold Selinger, Marion Rottenhofer, Alexander T.T. Mueller, Reinhold Kammerer und Patrick Weber in stets wechselnden Rollen würde der Abend, den Gruber in seinem Elend bisweilen schreiend ausreizt (vor allem in der Schlussszene) nicht so überzeugend funktionieren.

Renate Wagner

Weitere Termine: 11.-14., 17.-21. Dezember 2013 jeweils um 19:45

 

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