Ronacher: „Maria Theresia“ – das Musical-Memorial der Kaiserin 10.10.2025

Nienke Latten als „Maria Theesia“. Foto: Deen van Meer
Wiens Vereinigte Bühnen haben immer wieder in Österreichs Geschichte nach Stoffen für ihre Bühnenshows gesucht. Einen „Mozart“, einen „Schikaneder“, einen „Rudolf“ mit der Affaire Mayerling, eine „Freudiana“ und einiges mehr hatte es dabei freizügig nacherzählt gegeben. Die „Elisabeth“ ist die weit Erfolgreichste gewesen. Christian Struppeck, Musicalchef in Wien, führt nun ins Habsburgerreich des 18.Jahrhunderts und setzt auf „Maria Theresia“ als flirrendes Musical-Memorial. Sicher kein seelisches oder unabdingbares Bedürfnis, doch wie es zur Zeit in dieser Branche abläuft: Es ist wohl als Spekulation einzuschätzen. Suchen wir, wo hier die Business-Elemente richtig getroffen worden sind und ob die Musik vielleicht zu zünden vermag.
Zuerst aber einige Werbeworte der Vereinigten Bühnen für diese Eigenproduktion: „Das opulente Musical vereint monumentale Dramatik mit modernem Sound, pulsierende Beats mit eindringlichen Lyrics. Zeitlose Geschichte trifft auf zeitgemäße Inszenierung und schafft ein mitreißendes Bühnenerlebnis voller Energie und Überraschungen. Die Vereinigten Bühnen Wien setzen mit dieser spektakulären Produktion ein kraftvolles Statement und der legendären Herrscherin ein Denkmal – jung, dynamisch und absolut unverwechselbar.“
Kann mal dieser Marketinghymne wenigsten zum Teil glauben? Ja, hier wird mit riesigem Aufwand und aller Routine ein illusionäres Spektakel herbei gezauberte. Bühnenbildner Morgan Large trickst bei den ständigen Szenenwechsel und Überschneidungen mit Verwandlungen, Licht und Videos. Und Regisseur Alex Balga setzt zwar auf einen stets ähnlichen Performance-Stil, doch das Ensemble geht bei all den Schreiereien und dem hektischen Getümmel stets voll mit. Choreograph Jonathan Huor steuert dazu das ständige dynamische auf und ab der Tänzer mit einer durchgezogenen Rucki-Zucki-Manier und skurrilen Positionierungen. Rund um die Kaiserin scharwenzeln oder geben sie ihre Emotionen kund: Franz Stephan von Lothringen (Fabio Diso), Preussens Friedrich der Große (Moritz Mausser) oder, zurück in die Jugend, eher grimmig ihr Vater Karl VI. (Dominik Hees). Noch viele mehr. Wie alle ihrer zahlreichen im Rummel eingesetzten KollegInnen darf sich Nienke Latten in der Titelrolle voll und ganz ausleben. Im affektiven Spiel, mit absolutem Einsatz, weniger mit berückender Stimme.
Ja, die Musik …. eine wertvolle? Dieter Falk & Paul Falk bildet das Komponisten-Duo. Das sind Vater und Sohn. Gut beschäftigt im gängigen deutschen Liederland. Doch nicht die Begabtesten in ihrer Sparte. Auf die üblichen Musical-Standards wird gesetzt, eigenes Profil mit echten Einfällen macht sich nicht bemerkbar. Dirigent Carsten Paap zieht die vielen, viel zu vielen Nummern wie „Mutter der Nation“, „Stärker als ihr denkt“, „Für immer nur mit dir“ oder „Working Mum“ jedenfalls zügig durch. Und die Verantwortlichen für diese kräftig gewürzte ganze „Maria Theresia“-Melange? Christian Struppeck steht für ‚Kreative Entwicklung‘, Jonathan Zelter für Liedtexte, Thomas Kahry für das keineswegs der Realität verpflichtete Buch. Alle ohne Anspruch auf literarische Qualitäten.
Historisch Gebildete werden sich diese Fantasy-Show wohl kaum ansehen, Kenner klassischer Musik ebenfalls nicht. Für das aufgezüchtete Wiener Musical-Volk hier bitte noch eine der Ronacher-Werbungen, locker genommen: „Epische Dramatik: Kraftvolle Musik und spannende Story!“ Die eingeladenen Gäste und der Anhang der Künstler haben am Premierenabend ein bisschen so gedacht, haben mit standing ovations das derzeitige ‚Wien ist die freundlichste Stadt‘ bestätigt.
Meinhard Rüdenauer

