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WIEN/ Ronacher: EVITA – Willkommensgruß für Evita. Premiere

09.03.2016 | Operette/Musical

Musical-Premiere im Wiener Ronacher:`EIN WILLKOMMENSGRUSS FÜR EVITA“ …. mit Blick zurück auf anno dazumal. Premiere am 9.3.2016

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Katharine Mehrling, Thomas Borchert. Copyright: Barbara Zeininger

Der Musical-Hype früherer Jahrzehnte ist heute verflogen (nicht ohne Nachwehen mit einigem Werbeaufwand). Damals ist es ein Geniestreich gewesen, dieses verblüffende Musical „Evita“ mit solch großartigen Nummern wie „Don´t Cry for Me Argentina“, „Waltz for Eva and Ché“ oder „On This Night of a Thousand Stars“. Hits mit derartigen melodischen Qualitäten werden zur Zeit nicht mehr geschrieben. Die Uraufführung fand 1978 in London unter der Regie von Harold Prince statt, die Premiere am Broadway folgte im Jahr darauf, und 1981 wurde  das Stück in dieser alle Stimmungen absolut perfekt auskostenden Prince-Inszenierung als deutschsprachige Erstaufführung im Theater an der Wien präsentiert. Und inzwischen hat sich diese schon besonders gute „Evita“ auch als Stadttheater-tauglich erwiesen. 


Vladimir Korneev, Katharine Mehrling. Copyright: Barbara Zeininger

Nun, das ganze Stück mit der phantasievoll erdachten Story von Tim Rice und den Ohrwürmern vom Andrew Loyd Webber hat nichts von seiner Wirkung verloren. Geändert hat sich trotzdem einiges, wie diese neue Einstudierung des US-Regisseurs Vincent Paterson für die Vereinigten Bühnen Wien im Ronacher zum Vergleich mit anno dazumal herausfordert. Gesang: Heute laut, extrem laut und teils unangenehm, weit mehr auf ein grelles Herausbrüllen als auf stimmlichen Glanz und Schönheit ausgerichtet. Orchester (Leitung Koen Schoots): Drive, Drive und nochmals Drive, Schlag auf Schlag; dafür kaum noch poetisches Ausschwingen und Atmen, und so manch feinere Phrasierungen werden verschluckt. Inszenierung: Gekonnt, handfest und sehr bewegt, weniger auf stimmigen Kolorit bedacht; als Ausgleich können wirkungsvolle Einbeziehungen von Videos und Filmeinspielungen gefallen. Ballett: Elegante tänzerische Erzählung ist einer zackigen pantomimischen Groteske mit durchgezogener Intensität gewichen. Ausstattung: Eher trockene Atmosphäre auf der Drehbühne mit einigen bunten Überraschungseffekten. Die Darsteller: Werden sie das Publikum auch wirklich überzeugen können? Evita (Katherine Mehrling) kämpft mit kraftvoller Energie unter Verzicht auf erotische Ausstrahlung. Perón (Thomas Borchert) dürfte auf seiner Karriereleiter als First Lieutenant stehen geblieben sein. Ché (Drew Sarich) muss den aufgeregten Geiferer spielen. Eine angenehme Rolle? 

Nun, der Abend sollte gefallen. „Evita“ ist als Musical-Klassiker in die Musikgeschichte eingegangen, alle anderen Namen …. die sind wohl locker austauschbar und bald wieder vergessen. Doch kurz zurück zum Musical-Hype früherer Tage, vom Traum einer Musical-Metropole Wien, der sich nie wirklich erfüllen konnte. Denn nicht auf achtsame Aufbauarbeit für die eigenen Jugendlichen und originelle Kreativität ist hier gesetzt worden, sondern mit nettem Lächeln auf eine gefällige Einkaufskultur. Auch der derzeitige Musical-Intendant der Vereinigten Bühnen Wien, der Berliner Christian Struppeck, scheint keine allzu große Achtung vor dem Nachwuchs in Stadt und Land zu haben. Mit Blick auf die Besetzungsliste mit bloß ganz wenigen aufscheinenden heimischen Namen: Auch eine freundliche Willkommenskultur ist eine Art von löbliche Kultur. 

Meinhard Rüdenauer

 

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