27.1.: Österreichische Erstaufführung im Wiener Ronacher
„DON CAMILLO UND PEPPONE“ – 100 nette Melodiechen und eine paar nette Worte von Jesus
Andreas Lichtenberger. Copyright: DI. Dr. Andreas Haunold
Schon sehr, sehr überraschend sind nun diese beiden alten Herren, die vor über einem halben Jahrhundert so beliebten Haudegen Don Camillo und Peppone auf Wiener Musical-Boden gelandet. Mit Starthilfe des St. Gallener Theaters versuchen nun die Vereinigten Bühnen Wien diese aus der Schweiz übernommene Koproduktion in einer Aufführungsserie im Ronacher durchzuziehen.
Ab 1952 haben Fernandel und Gino Cervi in den fünf Folgen der „Don Camillo und Peppone“-Filmsaga Giovannino Guareschis schon sehr genialen sozialkritischen Episodenroman „Il mondo piccolo“ weltberühmt gemacht. Ein seriöses Autorenduo, zwei alte Füchse in ihrer Branche, Texter Michael Kunze und Komponist Dario Farina („Felicità“, „Monaco Franze“ und manch anderes Gutes für frühere Schlagerstars), haben sich nun nicht Kern kontra Mitterlehner oder Häupl kontra Randbezirke oder gar Trump kontra Putin angenommen, sondern servieren mit diesem Remake auf gefällige Art eine Reihe netter Melodien (wohl nicht 100, doch 45 Musiknummern sind angeführt – zieht sich allerdings in die Länge) und mit Guareschis Wortspenden ein nettes, doch von viel Geschrei übertöntes ländliches Italien. Die Worte, die Don Camillo vom Himmel herab von Jesus zugeflüstert bekommt, diese haben für den traditionsverbundenen streitbaren Priester wie den roten Bürgermeister Peppone ihren Wert.
So angenehm Dario Farinas Melodiensträußchen aus Italien auch duften mögen, gesungen wird nicht auf die im Ohr zerfließende italienische Art, sondern zumeist in der in Musicalwien lautstark gepflegten Herausschrei-Manier. Das Publikum hat sich daran gewöhnen müssen, und auch die alten heimischen Pädagogen wissen nun, dass all früheren Nachwuchspflege-Investitionen in künstlerische Ausbildung in Wien nur wenig geholfen haben: Alle Darsteller (nun, beinahe alle) wie das Leading-Team sind nicht in einem netten Winkel Österreichs sondern auf anderen Böden Europas aufgewachsen.
Die Bühne (Bilder: Peter J. Davison, Kostüme: Yan Tax) sieht recht nett aus, die zahlreichen raschen Ortswechsel funktionieren bestens. Regisseur Andreas Gergen setzt auf einen Bewegungschor und lässt es ohne besonderen Spannungsaufbau rund von Szene zu Szene laufen. Die Musiker (Dirigent Koen Schoots) werken aus dem Hintergrund, das Sounddesign gibt aber eine üppige Lautstärke vor. Andreas Lichtenberger zieht als attraktiver Don Camillo kraftvoll seine herausfordernde Rolle durch, Frank Winkels steht als kommunistischer Peppone ebenfalls recht sicher am Boden. Maya Hakvoort muss eine gebrechliche uralte Dame mimen und zum sentimentalen Beiwerk beitragen. Ernst Dieter Suttheimer brilliert mit echtem Feinschliff in der Charakterrolle eines nicht sterben wollenden verliebten Großvaters, Reinhard Brussmann zählt zu den stimmlich positiv ansprechenden Sängern. Am Premierenabend: Alles war o.k.! Aber auch das Zittern in der Direktion hat begonnen: Können wir mit Don Camillo (und wahrscheinlich doch ohne Hilfe von Jesus) das Publikum für uns gewinnen?
Meinhard Rüdenauer