NIKOLAUS SCHAPFL (1963*) Maestro Mozart, ich bin Beethoven! Im Pfarrwirt, 1190 Wien-Heiligenstadt, Pfarrplatz 5 – 2.6.2022 (Uraufführung):
Jan Milosz Zarzycki. Foto: Magdalena Chan
Pandemiebedingt wurde die Uraufführung des als Musiktheater für zwei Schauspieler, eine Sängerin und Tänzerin samt Kammerorchester mit 13 Instrumentalisten näher bezeichnete Werk vom 20.10.2020 auf den 2.6.2022 verschoben. Die Idee zu diesem Werk stammte von Dr. Herbert Groeger und sollte anlässlich des Beethovenjahres 2020 in Heiligenstadt, wo Beethoven 1817 wohnte und an seiner 9. Sinfonie arbeitete. Ausgehend von der These, dass diese beiden Großmeister der Musik einander im wirklichen Leben zwar nie begegnet waren, werden in acht fiktiven Dialogen philosophisch tiefgründige Themen abgehandelt. Diese Idee ist an sich nicht neu. Von Paul Barz (1943-2013) gibt es das Theaterstück „Mögliche Begegnung“, nämlich der Herren Bach und Händel im Jahre 1747. Ich habe die Premiere am 26.1.1996 im Theater Akzent mit Hans Joachim Kulenkampff (Georg Friedrich Händel), Heini Göbel (Faktotum Schmidt) und Helmut Oeser (Johann Sebastian Bach) als Produktion des Fritz-Rémond-Theaters im Zoo, Frankfurt/Main, verfolgen können. Und Albino Luciani, der Kurzzeitpapst Johannes Paul I., schrieb in seinem Buch „Illustrissimi“ „Briefe“ an große Gestalten der Vergangenheit und versah sie mit Urteilen über die Gegenwart. Und zuletzt sei an dieser Stelle noch an die einaktige Oper „Mozart und Salieri“ (1898) von Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow erinnert. Die Musik des Komponisten Nikolaus Schapfl ist neotonal geprägt. Unter Verwendung einer stark melodischen Klangsprache erreicht er durch neue Rhythmen und Akkorde eine eigene zeitgenössische Aktualität (vgl. Geleitwort von Prof. Dr. Ronald Moeder im Programmheft, S. 4-5). Als Einleitung und Komposition 1 wird ein Adagio von 90 Sekunden gespielt. Daran reiht sich der erste Dialog über Dienstherren und Schaffensbedingungen, unterbrochen von Komposition 2, einem Allegro in der Dauer von 10 Minuten und 15 Sekunden. Dialog 1 wird weitergeführt und schließlich mit der Komposition 3, einem vierminütigen Adagio, abgeschlossen. Dialog 2 widmet sich danach der Werke und Arbeitsweisen der beiden Komponisten im Vergleich. Komposition 4, ein Allegro in der Dauer von 6 Minuten mit dem Titel „Mozarts Ballnacht“ eröffnet den dritten Dialog über Frauen und Familie. Komposition 5, ein Molto Vivace von 75 Sekunden Länge, eröffnet den Dialog 4 über die Aufgabe des Kunstwerkes. Komposition 6, ein Molto Vivace von 45 Sekunden Dauer leitet in den Dialog 5 über Tod(esgründe) über. Hierauf erfolgt Komposition 7 „Walzer der unsterblichen Geliebten“ mit der Tempobezeichnung Moderato von 6 Minuten und 30 Sekunden Länge. Der Dialog wird weitergeführt und nur vom Orchestersignal 2 und einer Musikeinspielung aus dem 2. Satz von Beethovens 5. Klavierkonzert unterbrochen. Der daran anschließende Dialog 6 handelt die Grenzen der Kunst ab. Komposition 8, ein Allegro moderato, von 5 Minuten 45 Sekunden Länge, leitet in Dialog 7 über Werk und Geschichte über, unterbrochen durch Komposition 9 „Friede“ mit der Tempobezeichnung Larghetto von 6 Minuten. Während die Komposition 10, ein Andante von 7 Minuten 15 Sekunden Länge ertönt, tritt die unsterbliche Geliebte, die konkrete Adressatin von Beethovens Brief, auf und besingt die unerfüllte Sehnsucht…
Kurt Hexmann (Mozart), Stephan Paryla-Raky (Beethoven). Foto: Magdalena Chan
Kurt Hexmann (Mozart), Stephan Paryla-Raky (Beethoven). Foto: Magdalena Chan
Die gesamte Spielzeit betrug 1 Stunde und 40 kurzweilige Minuten. Jan Milosz Zarzycki leitete das Kammerorchester der Sinfonietta Viennoise mit Verve. Der Textdichter und Komponist in Personalunion war während der Aufführung am Klavier zu erleben. Als Beethoven trat Stephan Paryla-Raky auf, während die Rolle von Mozart, mit obligatorischer Perücke, von Kurt Hexmann rezitiert wurde. Als Sängerin und Tänzerin war die Polin Julitta-Domenika Walder mit gefälligem Sopran zu bewundern. In der Staatsoper Wien konnte man sie 2019 als Klytämnestra in der österreichischen Erstaufführung von Manfred Trojahns „Orest“ erleben. Das Kammerorchester Sinfonietta Viennoise rekrutierte sich aus Violine I und II, Viola, Violoncello, Kontrabass, Flöte, Klarinette, Fagott, Horn, Trompete, Posaune, Klavier und Percussion. Letztere wurde von zwei Schlagzeugern bedient. Sascha Tekale zeichnete für die Ton- und Videoeinspielungen während der Aufführung verantwortlich und Chris Scheidl besorgte die Lichtregie. Der Keller des Pfarrwirtes war bis auf den letzten Platz gefüllt und das anwesende Publikum zollte allen Mitwirkenden, dem Komponisten und dem Produzenten Dr. Herbert Groeger anerkennenden Applaus für die gebotenen Leistungen an diesem beschwinglichen Frühsommerabend.
Julitta-Domenika Walder – „die unsterliche Geliebte“. Foto: Magdalena Chan
Nikolaus Schapfl. Foto. Magdalena Chan
Harald Lacina