Wiedereröffnung der Oper in der Krypta der Peterskirche:
„Don Giovanni“ von Mozart (20. Mai 2021)
Am Abend des 20. Mai 2021 fand in der Wiener Peterskirche die Wiedereröffnung der „Oper in der Krypta“ mit einer Neuinszenierung der Mozart-Oper „Don Giovanni“ statt. Nach der monatelangen Pause durch die Corona-Pandemie war nicht nur das Sängerensemble mit enormer Begeisterung auf der Bühne, sondern auch das Publikum in der ausverkauften Krypta bei bester Laune – trotz der strengen Vorschriften (Impfungsnachweis, Abstandsregel, Maskenpflicht auch während der Vorstellung), die von allen konsequent eingehalten wurde.
Magdalena Renwart-Kahry sang die Rollen der Donna Anna und der Donna Elvira und inszenierte die Neuproduktion des „Don Giovanni“ (Foto: Agentur In höchsten Tönen!)
Die aus Tirol gebürtige Sopranistin Magdalena Renwart-Kahry, die unter anderem auch Stipendiatin des Wiener Wagner-Verbandes war, entwickelte für diese Produktion ein eigenes Konzept und übernahm auch die Inszenierung. Für das Programmheft verfasste sie einen Beitrag, in dem sie auf den Ursprung des Mythos Don Giovanni und auf die Entstehung der Inszenierung ausführlich einging. „Im Leid der weiblichen Figuren erahnen wir, welche Tragödien Don Giovanni auf dem rücksichtslosen Weg zur Befriedigung seiner Gelüste hinterlassen hat, während gleichzeitig durch die Bewunderung seines Dieners Leporello Sympathie entsteht und alles fast wie ein Spiel erscheint, selbst nachdem wir gleich zu Beginn Zeugen eines Mordes geworden sind. Leporellos Identifikation mit seinem Herrn ist so ausgeprägt, dass ich mich gefragt habe, was er tatsächlich an seiner Stelle machen würde, könnte er wirklich ganz Don Giovanni sein, statt nur ständig dessen Platz einnehmen zu müssen, wenn dieser sich wieder einmal aus dem Staub machen will. Daraus ist die Idee entstanden, die Oper so auf die Bühne zu bringen, dass sowohl Don Giovanni und Leporello als auch Donna Anna und Donna Elvira zu verschiedenen Aspekten zu jeweils einer Persönlichkeit verschmelzen, während Don Ottavio, der Komtur und Zerlina ihrem jeweiligen Charakter treu bleiben.
Was ursprünglich als ein Konzert mit berühmten Arien und Duetten aus Mozarts Don Giovanni – pandemietauglich in kleiner Besetzung – geplant war, hat ein Eigenleben hin zu einer Inszenierung entwickelt, die in einem abstrakten geometrischen Raum große Themen und Konflikte der Oper visualisiert. So weicht beispielsweise der Geist des toten Vaters nicht von Donna Annas Seite und steht als stille, aber immer präsente Mahnung und Aufforderung zur Rache zwischen ihr und ihrem Verlobten. Dadurch erklärt sich, warum sie sich in ihrer Trauer immer wieder von Don Ottavio entfernt und in die Rolle der Donna Elvira kippt, die verzweifelt eine Beziehung zu Don Giovanni / Leporello sucht.
Trotz mancher Umdeutung und symbolischer Darstellung psychologischer Prozesse war es stets mein Bestreben, so viel wie in der fast halbierten Besetzung möglich von Mozarts Meisterwerk in seiner Essenz auf die Bühne zu bringen und durch die halbkonzertante Form zu ermöglichen, dass seine geniale Musik sich ungehindert entfalten und die Herzen des Publikums berühren kann.“
Dies gelang sowohl Magdalena Renwart-Kahry in den beiden Frauenrollen Donna Anna und Donna Evira, die sie mit ihrer prächtigen Sopranstimme – in der Zeit der Corona-Pandemie offensichtlich noch sicherer und wandlungsfähiger geworden – sang und auch darstellerisch beeindruckend spielte wie auch der jungen russischen Sopranistin Katharina Schamschula in der Rolle der Zerlina, die erstklassig sang und ebenso bezaubernd spielte. Auffallend ihr ausdruckstarkes Mienenspiel, das den asiatischen Darstellern leider fast völlig fehlte.
Der südkoreanische Bariton Minsoo Ahn und die russische Sopranistin Katharina Schamschula (Foto: Agentur In höchsten Tönen!)
Stimmlich konnten die männlichen Darsteller allerdings voll mithalten, allen voran der 1985 in Südkorea geborene Minsoo Ahn in der Doppelrolle des Don Giovanni und des Leporello, der vor allem durch seine kräftige Bariton-Stimme zu brillieren wusste. Ihm ebenbürtig der koreanische Tenor Namil Kim als Don Ottavio. Mit seiner klangvollen Stimme konnte er das beifallsfreudige Publikum immer wieder überzeugen. Ebenso der südkoreanische Bass Seongchan Bahk, der die Rollen des Commendatore und des Masetto mit seiner tiefen Stimme wunderbar auszufüllen verstand.
Die künstlerische Leitung hatte der Wiener Pianist Maximilian Schamschula inne, der an der Einstudierung dieser Inszenierung großen Anteil hatte. Er war jedenfalls dem gesamten Sängerensemble in dieser halbszenischen Produktion ein sehr einfühlsamer Begleiter.
Für die Lichttechnik dieser Produktion zeichnete Dorothée Stanglmayr verantwortlich, die vor der Vorstellung als Leiterin der Oper in der Krypta und der Konzertagentur In höchsten Tönen das Publikum mit großer Freude begrüßte, wobei sie mit Befriedigung die Treue des Opernpublikums betonte. Es gelang ihr auch, die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Pause auf den Plätzen mit Getränken zu „beglücken“.
Das Publikum zeigte sich von der Wiedereröffnung der Oper in der Krypta und der Neuproduktion des „Don Giovanni“ begeistert und spendete dem Sängerensemble und dem Pianisten immer wieder Szenenbeifall und am Schluss lang anhaltendem Applaus.
Udo Pacolt