Violetta Kowal sang die Lieder von Pauline Viardot mit starker Mimik und Gestik (Foto: Adam N)
Liederabend in der Krypta der Peterskirche: Violetta Kowal: „Ins Licht“ (Vorstellung: 25. 5. 2021)
Am 25. Mai 2021 gab die polnische Sopranistin Violetta Kowal in der Krypta der Wiener Peterskirche jenen Liederabend, der aus Anlass der Corona-Krise mehrmals abgesagt werden musste. Er stand wieder unter dem Motto „Ins Licht“, wobei dieses Mal die französische Komponistin Pauline Viardot-Garcia anlässlich ihres 200. Geburtstags aus der Vergessenheit ins Licht der Öffentlichkeit geholt wurde.
Pauline Viardot (1821 – 1910) war die Tochter des spanischen Sängers und Komponisten Manuel Garcia, der seine beiden Töchter Pauline und Maria nach seiner Übersiedlung nach Paris, wo er als Gesangslehrer tätig war, unterrichtete und beiden zu großen Erfolgen verhalf. Maria Malibran, die als erste Diva der Operngeschichte gefeiert wurde – nach ihr wurde das zweite Opernhaus in Venedig benannt –, starb nach einem Reitunfall bereits mit 28 Jahren. Ihre Schwester Pauline, die von Franz Liszt Klavierunterricht erhielt, gab bereits mit 16 Jahren in Brüssel ihr Konzertdebüt und wurde mit 18 Jahren in London und Paris bereits als Opernsängerin gefeiert. Als sie 1840 den Schriftsteller Louis Viardot heiratete, wurde ihr Heim bald eine der bedeutendsten künstlerischen Begegnungsstätten von Paris. Im Jahr 1843 reiste sie nach Russland, wo sie den Schriftsteller Iwan Turgenjew kennenlernte und als erste Ausländerin russische Musik interpretierte. Zu ihm pflegte sie ab dieser Zeit eine intensive platonische Beziehung. Engen Kontakt hatte sie unter anderem auch zu Saint-Saëns, Schumann, Massenet, de Musset und George Sand. Wenig bekannt ist, dass sie neben ihren Liedern auch Operetten schrieb, deren bedeutendste Cendrillon im Jahr 1976 in Newport wiederaufgeführt wurde.
Violetta Kowal startete ihren Liederabend mit drei russischen Liedern von Pauline Viardot: nach Texten von Puschkin „Des Nachts“ und „Auf Grusiens Hügeln“ und von Turgenjew „Die Meise“. Nach diesen russische gesungenen Liedern folgten drei Lieder von Eduard Mörike: „In der Frühe“, „Nixe Binsefuß“ und „Der Gärtner“. Am Klavier sehr einfühlsam begleitet wurde die polnische Sopranistin von der britischen Pianistin Carol Morgan, die anschließend die „Berceuse“ aus „Elegien“ von Ferruccio Busoni (1866 – 1924), der sich auch als Musikpädagoge international einen Namen machte, mit großer Leidenschaft interpretierte.
Da aus Corona-Pandemie bedingten Gründen der Abend ohne Pause vonstatten ging, sang anschließend die Sopranistin vier Lieder des österreichischen Komponisten und Musikkritikers Hugo Wolf (1860 – 1903). Drei Mignon-Lieder nach Goethe: „Heiß mich nicht reden“, „Nur wer die Sehnsucht kennt“ und „So lasst mich scheiden“ sowie das Lied „Kennst du das Land“. Bemerkenswert war die beeindruckende Mimik, mit der Violetta Kowal alle Lieder zum Besten gab, nicht nur durch ihr prägnantes Mienenspiel, sondern auch durch ihre Gestik, die das Publikum den ganzen Abend über begeisterte.
Durch die oftmalige Verschiebung des Liederabends waren auch vier Weihnachtslieder des polnischen Komponisten Witold Lutosławski (1913 – 1994) im Programm. Die Texte dazu stammen aus Kirchenliederbüchern von Pater Michał Mioduszewski und aus Sammlungen von Oskar Kolberg: „In einem Stall“, „Flugs nach Bethlehem“, „Schlafe ein, Jesus“ und „Wir sind Hirten“. Sie alle wurden von der Sopranistin in polnischer Sprache gesungen.
Die britische Pianistin Carol Morgan und die polnische Sopranistin Violetta Kowal (Foto: Adam N)
Danach war wieder die Pianistin Carol Morgan an der Reihe, die mit der „Suite op. 14“ von Béla Bartók (1881 – 1945) ein Glanzstück auf dem Klavier zum Besten gab. Das Publikum reagierte mit starkem Beifall auf ihre Interpretation.
Den Schluss des Liederabends bildeten die Französischen Lieder von Pauline Viardot: „In meines Vaters Garten“ und „Liebe mich“ nach anonymen Texten aus dem 15. Jh. sowie „Hai luli!“ (Text von Xavier de Maistre) und „Madrid“, eine Hommage von Alfred de Musset an die spanische Hauptstadt. Alle diese Lieder sang Violetta Kowal in französischer Sprache.
Nach nicht enden wollendem Beifall des begeisterten Publikums gab die polnische Künstlerin noch zwei Zugaben mit Liedern von Pauline Viardot: in russischer Sprache „Der Kosakin Wiegenlied“ nach einem Text von Michail Lermontov und in deutscher Sprache „Zwei Rosen“ (Text: Afanasij Feth, deutsche Übersetzung: Friedrich von Bodenstedt).
Man darf wieder von einem weiteren sehr gelungenen Liederabend der polnischen Sopranistin Violetta Kowal sprechen, deren Reihe Ins Licht bereits einen festen Platz in der Wiener Kulturszene erobert hat.
Udo Pacolt