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WIEN/ Palais Eschenbach: GLORY OF BELCANTO – Marena Balinova und Peter Reichl

01.07.2019 | Konzert/Liederabende


Peter Reichl, Marena Balinova. Foto: Herta Haider

 

30.6. 2019: Palais Eschenbach: Glory of Belcanto –

Marena Balinova und Peter Reichl

 „Hommage an Giuditta Pasta“ nannte sich das Konzert, das die bulgarisch-österreichische Sopranistin Marena Balinova (die wir schon aus dem Merker-Kunstsalon u.a. als großartige Norma und von Auftritten beim online-Merker kannten) und ihr bayerisch-österreichischer Klavierbegleiter und Ehemann Peter Reichl im Festsaal des Hauses der Ingenieure nach gründlichen Recherchen über die Diva (1797-1865) der Rossini-, Donizetti- und Bellini-Zeit in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Pasta-Biographen Dr. Kenneth Stern wohlüberlegt vorbereitet hatten. Heraus kam ein Programm aus bekannten Werken wie auch Raritäten, die samt und sonders für diese legendäre Stimme geschrieben und von ihr auch uraufgeführt worden waren. Nachdem die Sängerin sich eine Woche zuvor, zum ursprünglich geplanten Termin, „dank“ der Klimaanlage im Flugzeug erkältet hatte, konnte sie den neuen Termin Gott sei Dank noch vor dem Sommerurlaub der meisten Wiener Musikfreunde wahrnehmen (und im Publikum u.a. auch die beiden berühmten Pianisten Alexander Jenner und Paul Gulda begrüßen). Was an Erinnerungen und schriftlichen und bildlichen Unterlagen über die berühmteste Sängerin jener Zeit vorlag, haben die beiden mit zahlreichen Dokumenten im Original zusammengetragen und auch zur Ansicht für das Publikum aufgelegt – Stiche, handschriftliche Briefe und Tagebuchaufzeichnungen, Widmungen, Huldigungen bedeutender Musiker ihrer Zeit…

 Peter Reichl wusste viel über die Diva zu erzählen, und was gesungen wurde, hatte Niveau – von der Komposition her wie auch von der vokalen Darbietung. Und was Giuditta Pasta nachgesagt wurde, nämlich dass sie – was zu ihrer Zeit keine Selbstverständlichkeit war – auch eine fesselnde Sängerdarstellerin war, das konnte auch die gegenwärtige Sängerin nachvollziehen bzw. ihre Rollen glaubhaft wiedergeben.

 Bellinis „Casta Diva“ – das war sie schon beim Auftreten, selbstsicher einerseits aufgrund ihres verantwortungsvollen Amtes, innerlich verunsichert wegen ihrer  verbotenen Liebe, noch dazu zum feindlichen Heerführer. Man wurde sich wieder einmal dessen bewusst, dass in Bellinis Gesangspartien die Gefühle im Vordergrund stehen. Und sie tun es so eindringlich, dass man lange Arien nicht als zu lang empfindet, wenn die Sängerin sich mit dem Gesungenen identifizieren kann.


Marena Balinova. Foto: Herta Haider

Marena Balinova hat eine ebenso klangvolle Mittellage, die Gefühlswärme vermittelt, wie Beweglichkeit der Stimme und sichere Höhen. Koloraturen und Fiorituren bereiten ihr keine Probleme und wo Dramatik gefordert wird, weiß sie ebenfalls zu fesseln. Dass einige Spitzentöne etwas eng gerieten, mag auf die vielleicht noch nicht ganz überstandene Erkrankung zurückzuführen sein. Die von Norma angesprochene Göttin des Himmels und Beschwörung von Naturerscheinungen, die Bitte um Frieden und der lebhafte Aufruf „Ah! bello a me ritorna del fido amore primiero….“ beinhalten im Grund das ganze Drama.

 Auch aus der ArieAh! Non credea mirarti si presto estinto, o fiore“ aus Bellinis „Sonnambula“ macht die Künstlerin mit schmerzlich-schönem Gesang eine auf lebhaftem Empfinden basierende Szene. Umso mitreißender dann der gleich anschließend präsentierte Schluss-Jubelgesang, kulminierend im abschließenden dreigestrichenen F mit dem „ciel d’amor“!

 Die wohl größte Herausforderung des Abends: Marena  Balinova als Anna Bolena mit der großen Schlussszene der zum Tode verurteilten Königin. Unsentimental, wie es von Donizetti komponiert ist, heroisch gefasst und  nach einem letzten hochdramatischen Gefühlsausbruch, in dem sie sich dem tyrannischen König (Heinrich VIII.) und seiner neuen Liebe gegenüber ein großes „perdono“ abringt, auch für sich einen „Dio di pietà“ erhofft. Das war bühnenreif! Die wohlklingenden Tenor-Einschübe sang der virtuos Klavier-spielende Ehemann.

Dazwischen  gab es von Saverio Mercadante aus „Emma di Antiochia“ eine weitere  tragische Arie „In quest’ora fatale“, eine Rossini-Rarität: „Da te spero“ aus „Zelmira“ (vom Komponisten extra für die Pariser Produktion von 1826 nachkomponiert und nur in Partiturabschrift vorliegend), dann zusätzlich zum eigentlichen Programm noch eine Arie der „Donna del Lago“ und als reizende Draufgabe, komponiert von Giuditta Pasta selbst für ihre geliebte Tochter Clelia: Invito alla campagna (für einen Mezzo geschrieben), eine wirklich einladende Schilderung ländlicher Reize samt Liebeserklärung – Berg und Meer, Herden und Schäfer, eine reine Quelle, die das Liebesfeuer auffängt, und helle Sonnenstrahlen…Ein naiv-heiteres Liedchen, das sich zum Nachsingen empfiehlt….

Hier dieses Liedchen, das Giuditta Pasta für ihre Tochter Clelila komponiert hat – gesungen von Marena Balinova  (am Klavier Peter Reichl.

ZUM VIDEO Invito alla campagna

Das gesamte Programm würde es verdienen, auf Tournee geschickt zu werden!

(Für Interessenten: peter.reichl@univie.ac.at)            

  Sieglinde Pfabigan

 

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