Maryna Lopez
WIEN /Online-Merker-Galerie: Arien und Duette mit Astrik Khanamiryan (Sopran) und Maryna Lopez (Mezzosopran)
- Juli 2020
Von Manfred A. Schmid
Der Liederabend des international gefeierten Bassisten Günther Groissböck mit Alexandra Goloubitskaia am Klavier am 15. Mai war – nach dem Lockdown, der ab Mitte März das gesamte Kulturleben der Stadt zum Erliegen gebracht hatte – vermutlich die erste öffentliche Kulturveranstaltung Wiens und wohl auch ganz Österreichs. Chapeau! Darauf folgte eine CD-Präsentation mit (Lieder von Sergei Prokofieff) mit Margarita Gritskova und Maria Prinz. Nun lädt Online-Merker-Chef und -Hausherr Anton Cupak erneut zu einem feinen Event: Die armenische Sopranistin Astrik Khanamiryan und die aus der Ukraine stammende Mezzosopranistin Maryna Lopez singen Arien und Duette aus Opern von Offenbach, Massenet, Verdi, Tschaikowski und Camille Saint Saèns. Am Klavier begleitet werden sie von Adolfo Lopez Gomez.
Eröffnet wird das Konzert mit einem Gustostück aus der Duett-Literatur, mit Offenbachs „Barcarolle“ aus Les Contes d`Hoffmann. Kein einfaches Stück, sondern von Anfang an eine Herausforderung, die von den beiden Solistinnen aber mit Glanz bewältigt wird. Sie präsentieren sich mit fein aufeinander abgestimmten Stimmen und laden die Meidlinger Zeleborgasse – die Tür der Online-Merker-Galerie an der Ecke ist wegen der heißen Temperaturen zum Gehsteig hin offen – mit der erotisch knisternden Atmosphäre einer schwülen venezianischen Liebesnacht auf. Die Arie der Chiméme „Pleurez! Pleurez, ne yeux“ aus Massenets selten zu hörender Oper Le Cid bietet Astrik Khanamiryan die Gelegenheit, ihren farbigen, hellen Sopran zu entfalten und lässt sogar auf dem kleinen Konzertpodium ihre starke Bühnenpräsenz spüren. Maryna Lopez ihrerseits hat ihren ersten Soloauftritt mit der Arie „Amour! Veins aider ma faiblesse“ aus Samson et Dalila von Camillle Saint Saéns. Ein satter, samtiger Mezzo mit starker Ausdruckskraft.
Foto: Jorge Dreher
Nun folgen zwei Opernblöcke. Der eine – aus Verdis Aida – ist hochdramatisch angelegt und wird von den beiden Sängerinnen beinah halbszenisch und somit überaus packend und spannungsgeladen dargeboten. Aida und Amneris sind zwei Frauen, die wegen der Liebe zum gleichen Mann zu erbitterten Todfeindinnen werden. Die ausgewählten Arien und Duette aus der Verdi-Oper beschwören ihr heikles Verhältnis, das in einer Tragödie mündet. Die von Leidenschaft, Eifersucht und Rache geprägte Gerichstszene der Amneris – „Ohime! … mori mi sento“ – aus dem Schlussakt wird in der Interpretation von Maryna Lopez zu einem mitreißenden Highlight des Abends.
Tschaikowkis Pique Dame ist im Gegensatz dazu, trotz der kriminalistisch aufgeladenen Handlung, eher lyrisch angelegt. Die Arie der Lisa „Es kommt bald die Nacht“ – von Astrik Khanamiryan natürlich auf Russisch vorgetragen – beschwört in elegischen Tönen heraufziehendes Unheil, aber auch großzügiges Verzeihen, während die Romanze der Pauline „Meine Freundinnen!“ unbeschwert daherkommt. Das gilt auch für das zum Programmanschluss dargebotene Duett „Die Nacht kommt“, wenn auch darin eine gute Portion Melancholie nicht zu überhören ist. Das mag wohl an der russischen Seele liegen.
Adolfo Lopez Gomez am Klavier erweist sich an diesem Abend als einfühlsamer Begleiter, kann aber als Solist auch mit einer Etüde von Frederick Chopin aufwarten. Ein musikalischer Allrounder, der in der Merker-Galerie auch schon als Gitarrist für Furore gesorgt hat.
Foto: Manfred A. Schmid
Begeisterter Applaus der Gäste, der mit einer Zugabe – den Flower-Duett aus Lakmé von Leo Delibes – belohnt wird. Und danach, so hört man, wird noch eifrig gefeiert. Grund dafür gab es genug.
Manfred A. Schmid
Foto: Hiltrud Zehrl