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WIEN/ Off-Theater: NEVER ENOUGH von Unicorn Art

30.06.2019 | Ballett/Performance

 Off-Theater Unicorn Art Nadja Puttner Never Enough


Never Enough. Foto: Unicorn-Art 3.jpg

von Rando Hannemann

„Never Enough“ von Unicorn Art im Off-Theater Wien

Die Unicorn Art Dance Studios präsentierten 15 Choreografien von Nadja Puttner, Bianca Anne Braunesberger, Martina Mihanovic und Lukasz Czapski, getanzt einerseits von Kindern und Jugendlichen, die bei Unicorn Art / Nadja Puttner eine Ausbildung in zeitgenössischem Tanz absolvieren, aber auch von Nadja Puttner und Bianca Anne Braunesberger selbst. Eine Leistungsschau, in der sie ihre persönliche und die Situation der Gesellschaft und der Welt künstlerisch reflektieren.

Wie ein Potpourri legt Nadja Puttner, die künstlerische Leiterin des Vereins für Tanztheater Unicorn Art, den Abend an. In sieben Stücken im ersten und acht im zweiten Teil, entstanden großenteils in Zusammenarbeit mit den SchülerInnen und StudentInnen im Alter von ca. 9 bis 17 Jahren, untersuchen die TänzerInnen und ChoreografInnen ihre intrapsychischen Konditionierungen, ihre Beziehungen zu ihren sozialen Umfeldern und zur postmodernen Welt. Die zehn Schülerinnen der Vorbereitungsklasse üben sich in Gruppen-Choreografien im Verweilen, im Umgang mit verschiedenen Einflüssen, mit dem zwingenden Fluss der Geschehnisse und der Macht des Geldes, mit partiell bemerkenswerter Ausstrahlung und immer mit spürbarer Freude am Präsentieren. Die zehn TänzerInnen der Tanzvorausbildung, technisch und persönlich gereifter schon, unter ihnen übrigens der einzige männliche Student, Lino Eckenstein, der bereits im Festspielhaus St. Pölten im Mai unter den von Shahar Binyamini für sein „Today I Will Do What I Want“ lokal gecasteten Laien herausragte, befragten in Soli, Duetten, Trios und Gruppenstücken, auch unter Einbeziehung performativ-installativer Elemente wie Schrifttafeln und Sprache unter anderem ihre Selbstwahrnehmung in der konformismusgetriebenen Leistungsgesellschaft. Auch einer selbst komponierten und getexteten musikalischen Performance wurde Raum gegeben. Ihr Ukulele-Spiel und ihre Stimme geloopt, sang Rosa Jaskulski ihr „Ich kann nicht mehr sein, als ich bin!“ heraus.

Zwei Stücke nahmen eine Sonderstellung ein.

In ihrem Solo „RESUMÉ“ bediente sich Nadja Puttner vieler Elemente ihrer beiden aktuellen Arbeiten „HIRAETH – I carry someone else’s memory“ und „MIRAGE [something illusory]“ und aus „My Body is a Cage“ von 2016. Mit Tanz, Sprache und Schauspiel stellt sie eine Frau auf die Bühne, die an jenem selbst- und fremderzeugten Erwartungs-Druck beinahe zu zerbrechen scheint. Physische, psychische und soziale Soll-Vorgaben treffen auf den Wunsch und die Notwendigkeit, sich anzunehmen, mit allem, was man ist. Tänzerisch und darstellerisch herausragend berührt sie mit ihrer Authentizität.

Bianca Anne Braunesberger choreografierte und tanzte gemeinsam mit dem gebührtigen Slowenen Vito Vidovič das Duett „APPROACHES“. Von den Sounddesignern ihrer Compagnie „tauschfühlung“ Stefan Zotter und Sebastian Achleitner mit elektronischen Klängen unterlegt, tanzen die beiden eine Bandbreite von Gefühlen und zwischenmenschlichen Interaktionen, die ob ihrer Expressivität und tänzerischen Klasse beeindrucken. 


Mavie Thaler und Flora Wildner in Never Enough Foto: Unicorn Art

Entsolidarisierung und Liebe, Umweltzerstörung und die Auflehnung dagegen, Zukunftsangst, Selbstzweifel und normierende Gesellschaft, festschreibende Konditionierungen, Veränderung und der Geist des „Verweile doch, du bist so schön!“, an diesem Abend tanzen junge Menschen ihre Themen. Aber: Es sind unser aller Themen! Die Diversität der ethnischen Wurzeln, des körperlichen und auch des technischen Vermögens der TänzerInnen, die variantenreiche Kostümierung, die Bandbreite der ausgewählten Musik von Klassik über Ethno, Pop bis Filmmusik und Elektronik, das Spektrum der aufgeworfenen Fragen, die anspruchsvollen Choreografien (beindruckend die vielen schwierigen Hebefiguren und allgemein das bereits erreichte künstlerische Niveau einiger StudentInnen), die mannigfaltige Bewegungssprache und die Frische der Präsentation fesseln das begeisterte Publikum an diesem Tanztheater-Abend. Die Leidenschaft der Nadja Puttner (und die ihrer Co-PödagogInnen) für den zeitgenössischen Tanz und die Ausbildung junger Menschen zu reflektierenden Künstlern war spürbar.


Never Enough Foto: Unicorn-Art 1.jpg


Never Enough  Foto: Unicorn-Art 6.jpg

„Never Enough“ von Unicorn Art im Off-Theater Wien am 27. und 28.Juni 2019.

 

 

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