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WIEN/MuTh: „GisL“ – das Győri Balett gastiert für einen Abend in Wien

12.09.2022 | Ballett/Tanz

09.09.2022: „GisL“. – das Győri Balett gastiert für einen Abend in Wien

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Überzeugend präsent: Eszter Adria Herkovics (Giselle) und Daichi Uematsu (Albrecht). Copyright: Ambrus László

Die renommierte ungarische Balletttruppe aus Győr gastierte für einen Abend im Wiener MuTh. Ballettchef László Velekei stellte dabei mit „GisL“ seine Version von „Giselle“ vor.

Der romantische Ballettklassiker wurde von ihm in eine zeitgenössische Bearbeitung transferiert. In diesem Stück  geht es um die betrogene Liebe des Bauernmädchens, das aus Enttäuschung über diesen Betrug den Tod findet und damit zur Wili wird. – Diese untoten Wesen verfolgen nächtens im Wald junge Männer und zwingen sie als Strafe für ihren Liebesbetrug zu Tode zu tanzen. Das ursprünglich zweiaktige Ballett gießt Velekei in einen kompakten Akt von einer Stunde, indem er ausgehend vom „weißen“ zweiten Teil auf die vorangehenden Geschehnisse verweist und so gekonnt die übersinnliche Welt mit der realen verwebt, indem er die Schicksale von Albrecht und Giselle über diese Ebenen hinweg miteinander verknüpft. Wie im Original treten bei ihm zusätzlich zu den beiden noch Hilarion und Myrtha auf; der Hofstaat und die Bauerngesellschaft sowie die Welt der Wilis wird vom Ensemble verkörpert. Alle Akteure bewegen sich in einem seltsamen Raum, in dem der Wald als einzelne Glas-Kabinen mit darin enthaltenen Birkenstämmen symbolisiert wird. Dieses Weiß-Schwarz der Bäume findet sich auch in den Kleidchen der Wilis wieder (Kostüme: Gabi Győri, Bühne: Éva Szendrényi, Licht: Ferenc Stadler). In diesem spannenden wie ungewöhnlichen Setting wird mit viel Ausdruck, körperbetontem Einsatz und Verwendung von Stimme agiert (Dramaturgie: Alexandra Csepi). Die Choreografie setzt auf viele paarweise Verschlingungen und Hebefiguren, aber auch ungewöhnliche Verrenkungen der biegsamen Körper der Tänzerinnen und Tänzer sind zu sehen. 

Statt Adolphe Adams Musik für das 1841 uraufgeführte Ballett entschied sich Velekei für Kompositionen von Félix Lajkó, einem bekannten Komponisten und Musiker ungarisch-serbischer Abstammung. Lajkó begann als Kind zunächst Zither zu spielen, stieg aber bald auf Geige um. Musikalisch schwer einzuordnen, verbinden sich in seinen Werken unterschiedliche Richtungen, so finden sich Einflüsse aus traditioneller ungarischer wie serbischer Volksmusik, aber auch Elemente aus u.a. Klezmer, Jazz, Blues oder klassischer Musik. Charakteristisch ist eine emotional-expressive, fast ekstatische und damit sehr mitreißende Spielweise. 

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Das Wili-Ensemble im Birkenwald. Copyright: Ambrus László

Eindringlich-stimmig überzeugen Eszter Adria Herkovics als fragile Giselle und Daichi Uematsu als viriler Albrecht mit großer Bühnenpräsenz; Gerda Guti (Myrtha) und Luka Dimić  (Hilarion) geben das andere Hauptpaar. Das übrige Ensemble tanzt mit viel Power und Expressivität.

Die Technik macht es möglich – die Musiker wirkten per Videozuschaltung mit: Félix Lajkó (Geige), Attila Sidoo (Gitarre), Endre Kertész (Cello), József Barcza Horváth (Kontrabass), János Mazura (Tuba) und Tamás Czirják (Schlagzeug).

Diese „GisL“ ist eine Produktion des Müpa Budapest, in Koproduktion mit dem Ballet Győr und Fonó Music Hall im Rahmen der Bartók Spring International Arts Weeks 2022 und in Kooperation mit dem Collegium Hungaricum Wien.

Es gab viel Applaus für einen beeindruckenden Tanzabend.

Ira Werbowsky

 

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