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WIEN/ MuTh/ Burgtheater: ImPulsTanz: Mozart zertrümmert, Kipling reimagined

28.07.2022 | Ballett/Performance

ImPulsTanz: Mozart zertrümmert, Kipling reimagined (25., 26.7. 2022)

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ImPulsTanz im Freien. Copyright: ImPulsTanz

Es ist wohl kein übermäßig großer Publikumskreis, welcher von den ImPulsTanz-Veranstaltungen angesprochen wird. Bestens besucht sind jedoch die Gastspiel der zumeist aus Westeuropa engagierten Modern Dance-Kompanien mit Kreationen ihrer arrivierten choreographischen Chefs. Und verblüffend ist, mit welcher Vielfalt an Events die aktiv teilnehmenden oder die Performances besuchenden Movement-Fans, heimische wie angereiste, bedient werden. Es geht in der sommerlichen Hitze kreuz und quer von Volks- und Burgtheater über das Museumsquartier, das Kasino bis in den Gemeindebau in Kaisermühlen oder in den Stadtpark. Dort haben die Einzelgänger oder die kleinen Grüppchen ihre Quartiere, welche als einsame Helden ihrer künstlerischen Hingabe sich um einen respektierten Platz im tänzerischen Präsentationsreigen bewerben.

Das Wort ‚Kunst‘ ist heute leicht gesagt, ist so ein richtiges Modewort geworden. Doch quer durch alle künstlerischen Sparten ist mehr und mehr eine geistige Simplifizierung in den künstlerischen Qualitäten zu bemerken. In der Popmusik oder den Wandbeschmierungen, der Malerei wie bei theatralischen Stückezertrümmerungen. Auch ambitionierte Tanzjünger tun sich nicht so leicht. Vorgeführt etwa im MuTh-Theater: „Diverti Menti“ lockt. Besser: Mozarts Divertimento KV 136 ist gemeint. „Eine Neuinstrumentalisierung und körperliche Interpretation“ wirbt dazu. Ausgedacht von einer Schweizerin: Ein Pianist an einem Konzertflügel auf der einen Seite, von der anderen erklingen helle E-Gitarre und dumpfe Tuba. Eine Tänzerin stellt sich dazwischen, zieht unablässig ihre kleinen Kreise, erweitert das gedämpft musizierende Trio zum Quartett. Schreitend, trippelnd, abwägend, an die Rampe tretend, abwartend, mit den Händen tänzerische Intentionen andeutend. Ganz einfach, völlig anspruchslos, stets ruhig, immer wieder ganz ähnlich. Immer wieder. Kaum definierbarer Sound erklingt dazu. Im klanglichen Gewirre lässt sich mit der Zeit ein kleinwenig Mozartisches heraus hören. Diverti Menti also nun …. somit auch hier eine Zertrümmerung feinst gewobener klassischer Musik.

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Akram Khan „Jungle Book reimagined“ © Ambra Vernuccio

Das Gegenteil ist über „Jungle Book Reimagined“ zu denken (Gastspiel im Burgtheater). Rudyard Kiplings „Dschungelbuch“ vom Engländer Akram Khan mit seiner Kompanie eindrucksvoll als Parabel über Klimawandel und Naturzerstörung in eine bewegte Szenerie versetzt. ‚Reimagined‘: im Wörterbuch noch nicht zu finden, doch auf der Bühne wirkt diese gegenwartsnahe Deutung von Kiplings Dschungelmärchen mit voller Kraft. Kann sich im Finale sogar eine ordentliche Portion ans Sentimentalität erlauben. Mowgli muss flüchten, aus seiner durch Katastrophen verwüsteten Hemat in die Düsternis des trostlosen Dschungels der Jetzzeit. Freundschaftliche Harmonie wird auch hier gesucht, doch Feinde sind überall, ein Jäger lauert im Dunkeln. Die klobige, immens intensive Gebärdensprache von Baloo, von Bagheera, der Wölfe und Affen verbindet sich mit dem Poesie verströmenden Schwarz-Weiß-Videodesign. Perfekt wie phantasievoll gestaltet. Gesprochener Text und Sound kommen aus den Lautsprechern, die permanente Dynamik der Tänzer auf der Bühne lässt mitfühlen. Dies ergibt eine stark dargestellte wie aussagestarke moderne Theaterfassung.

Meinhard Rüdenauer

 

 

 

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