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WIEN/ MuTh Augarten: TSCHAIKOWSKY-LIEDERABEND MIT NADIA KRASTEVA

18.11.2015 | Konzert/Liederabende

22.10. MuTh:  Tschaikowsky-Liederabend mit Nadia Krasteva

Es ist immer ein großes Vergnügen, Besitzer solch prachtvoller Stimmen einmal sozusagen ganz für sich zu haben – ohne Orchester, ohne Bühnenpartner, ohne Kostüm und Maske. Da heißt es seitens der Künstler nämlich: „Farbe bekennen“!

Da Nadia Krasteva, seit Ioan Holender sie 2002 an die Wiener Staatsoper holte, Weltkarriere gemacht hat, in Wien aber derzeit nur selten auftritt, wurde mir erst an diesem Abend so richtig bewusst, wie großartig sich ihr immer schon reizvoller Mezzo in diesen Jahren entwickelt hat. Die volle, ja mächtige, sinnliche Alt-Tiefe geht nahtlos über in eine ebenso satte, pastose Mittellage und erreicht mühelos die Spitzenregionen, die sowohl aus der Gesangslinie heraus angelegt werden wie auch durch dramatische Attacke und mit Metallglanz beeindrucken können. Das Stimmvolumen scheint unbegrenzt. Umso erstaunlicher ist es, mit welcher lyrischen Innigkeit und Wärme Frau Krasteva Lieder singt. Und man hat nie das Gefühl, dass sie ihre große Stimme dafür gewaltsam zurücknehmen muss.

Nur wer die Sehnsucht kenntbetitelte sie ihren Tschaikowsky-Abend. In einem sehr emotionalen Vorwort auf dem Programmzettel bekennt sie ihre besondere Liebe zu diesem Komponisten und berichtet, dass dieses Goethe-Lied ihre erste Begegnung mit seiner Musik war, noch ehe sie Opernrollen übernahm. Alle ausgewählten Lieder kreisen um das Thema Liebe – in den unterschiedlichsten Spielarten und musikalischen Farben, sehr oft in Verbindung mit Naturstimmungen und Betrachtungen „Gesegnet sei mir, Wald und Au“, „War ich nicht ein kleiner Grashalm“- Kleinrusslandlied), zum überwiegenden Teil melancholisch. Als Textautoren liest man Namen wie Tolstoy, Pleshcheyev, L.A. Mey nach Heine („Warum sind denen die Rosen so blass“), Stscherbiná, Apuchtin, Polonsky oder D.M. Rathaus. „Der schreckliche Augenblick“ stammt vom Komponisten selber.

Den angegebenen Opuszahlen nach zu schließen, war die Anordnung chronologisch. Die kleinen Geschichten und Gefühle steigerten sich im 2. Teil des Abends im „Lied der Zigeunerin“ zu dramatischem Auftrumpfen einer stolzen, selbstbewussten Frau mit Carmen-„touch“. Die letzten drei Gesänge „An dem schlummernden Strom“, „Nachts“ und „Sonne ging zur Ruhe“ waren wieder verhaltener, zugleich aber emotionale Höhepunkte.

Die Schauspielerin Dessi Urumova las vor dem Gesangsvortrag jeweils von 1 – 3 Liedern die Texte vor – eine große Verständnishilfe, da die Texte nicht abgedruckt waren. Die Pianistin Dora Deliyska begleitete die Sängerin mit viel Einfühlungsvermögen, wobei überraschend war, dass Tschaikowsky auf große Dramatik im Klavierpart fast durchwegs verzichtet, auch auf Virtuosität keinen Wert legte, sondern vor allem Gefühlstiefe angestrebt hat.

Ein wunderbarer Abend mit einer Sängerin, die nicht ihre Person divenhaft in den Vordergrund stellt, sondern sich ganz auf die dargebotene Musik einstellt.

Sieglinde Pfabigan

 

 

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