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WIEN/ Musikverein/Gläserner Saal: „11. INTERNATIONALER HILDE ZADEK-GESANGSWETTBEWERB“. Finalistinnen- und Finalistenkonzert.

29.04.2019 | Konzert/Liederabende


Rechts außen die siegreiche Kroatin, Russin und Thailänderin, auf den Sesseln die Jury-Mitglieder, dahinter andere Verantwortliche und Mitwirkende. (c: Presse Zadek-Stiftung)

27.4. 2019 Wiener Musikverein, Gläserner Saal:
11. Internationaler Hilde Zadek Gesangswettbewerb
Finalistinnen- und Finalistenkonzert

Erstmals konnte die Namensgeberin dieses Sängerwettbewerbs nicht mehr persönlich dabei sein. 2 Monate vor diesem Konzert verließ sie uns im Alter von 101 Jahren. Natürlich wurde dieses Treffen all ihrer Mitarbeiter, Kollegen, Förderer, Schüler etc.etc. zu einem großen „in memoriam“ für Hilde Zadek. Sie lebt weiter in ihren Taten und als beispielgebende Künstlerin und Lehrerin.

Die Finalisten durften ihre Kunst zeigen, 5 Soprane und 1 Bariton. Diesmal waren keine Japaner, Koreaner oder Chinesen unter ihnen, dafür aber der Bariton und eine der Sopranistinnen aus Thailand. Eine Kroatin, eine Tschechin aus dem nahen Brünn, eine Griechin und eine Russin waren die anderen Auserwählten um den Endpreis, den eigentlich alle verdient hätten! Die begleitenden Pianisten waren Sascha El Mouissi, Pantelis Polychronidis, Oresta Cybriwsky und David Hausknecht – alle sehr gekonnt und vor allem sängerfreundlich im Einsatz.

Sehr klug finde ich die Anforderungen für diesen Auftritt: Jede/r musste/durfte 4 Stücke singen, darunter 1 Lied (die meisten wählten Schubert), möglichst 1 Mozart-Arie, 1 Arie aus einem neuen Werk des 21. Jhs. und nach freier Wahl etwas aus einer bekannten Oper. Die Hauptpreise bestimmte die Jury, aber es gab auch einen Publikumspreis, einen der Sponsoren und Förderer, ein Konzertangebot des Schönberg Centers und einen, den erstmals die Gottlob-Frick-Gesellschaft vergab (verbunden mit 2 Auftritten bei deren jährlichem Treffen), sowie ein Stipendium aus der Schweiz. Auch die anwesenden Medienvertreter (inkl. Der neue Merker!) durften ihre Stimme abgeben. Während ich nach Gesamtwirkung und im Hinblick auf Bühnenwirksamkeit jedes Auftretenden urteilte, schienen mir die „Fachleute“ in erster Linie nach stimmlicher Brillanz ihre Wahl zu treffen. Da erhielt den 1. Preis die Russin Anna Nekhames v.a. dank ihrer brillanten Gilda-Arie. Gerade diese Koloratur-Sopranistin hatte mir am wenigsten zugesagt, weil sie erstens mit ihrem gekünstelten Spiel der Arme zu viel agierte, immer den gleichen Gesichtsausdruck hatte und auch kaum stimmliche Farben anbot. Die einzelnen Töne waren freilich klar und sicher, aber mir auch zu wenig rund und schön.

Den besten Gesamteindruck hinterließ bei mir die letzte der 6 Auftretenden, die 28-jährige Josipa Bainac aus Zagreb. Erstens war sie im Auftreten viel lockerer, wartete mit der besten Artikulation der Texte (deutsch und italienisch) auf, verbunden mit sehr expressivem Gesang, und sie war jedesmal auf Anhieb mitten in einer Rolle drin. Nach 2 Schubert-Liedern (Die Forelle, Frühlingsglaube), mit Charme und Gefühl vorgetragen, und einem Ausschnitt aus Johanna Doderers „Liliom“ entzückte sie mit warmer Mittellage und bezwingender italienischer Lyrik als Puccinis Mimi – jedes Wort, jeder Ton ein Genuss und sprühend vor Liebreiz! Immerhin erhielt sie 3 Preise.

Bühnenerfahrung nebst sicherem Auftreten und ebenfalls sehr deutlicher Diktion bot auch Andromahi Raptis (27), bereits in Nürnberg fix engagiert, in Oper, Operette und Musical im Einsatz, mit Schubert (Heiß mich nicht reden), Mozart (Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln), einem englischen Musical-Ausschnitt und – besonders pointiert und humorig: „Amor“, ein Cabaret Song von W. Bolcom. Bühnenwirksamkeit ist da sicher in allen Bereichen angesagt.

Mit wahrlich bezwingendem Charme erfreute die Erstauftretende: eine entzückende kleine, zarte Thailänderin im roten Kleidchen, Lalit Worathepnitinan (26), die sich zwar mit den Höhen manchmal noch etwas plagen musste, aber eine treffliche Akteurin ist. Beginnend mit Doderers „Liliom“ („Schlaf nur Liliom“, den sie mit sehr gemischten Gefühlen ansingt und anspielt), Schuberts „Geheimes“ und Hugo Wolfs „Verborgenheit“ viel Gefühl vermittelnd, und in Susannas Rosenarie, schon beim einleitenden „Giunse alfin il momento“, so viel Witz und Ausdrucksvarianten bietend, dass man ihr diese und andere Mozartrollen gut und gern zutraut.

Sehr gut gefiel mir gesanglich auch die Brünnerin Lada Bočkova mit klarem, sicherem Sopran bei Schuberts „Auf dem Wasser zu singen“, einem schwedisch gesungenen Sibelius-Lied, einer Arie der Roxane aus A. Banlakys „Cyrano“ und – last but not least – in ihrer Muttersprache als Janáčeks Füchslein („Ich habe gestohlen…“), wo sie auch ihren Charme zeigen konnte. Nur fehlte in den anderen Sprachen die Wortverständlichkeit.

Pete Thanapat hieß der Bariton (24), der wie 14 oder 15 aussah, klein und schmächtig, demnach von der Figur her eher fürs komische Fach einsetzbar. Aber stimmlich ist da schon was drinnen, nicht nur bei den beiden Schubert-Liedern und nochmals einer Nummer aus “Liliom“, sondern auch mit Mozarts Conte d’Almaviva „Hai gia vinta la causa“. Man merkte, dass er wusste, was er singt, die Stimme ist tragfähig, bedarf nur noch einiger Verfeinerung. Als „Sonderpreis“ erhielt er vom anwesenden Prof. Thomas Quasthoff, der der Jury angehört, das Angebot, ihn weiter auszubilden! Ein guter Meister, dünkt mich…

Die anderen Jury-Mitglieder: Prof. Michaela Dickgießer aus Berlin (Musik-Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft), Ks. Birgid Steinberger (Univ-Prof. Wien), Mag. Eva-Maria Wieser (Young Singers Project, Salzb. Festspiele), Walter Kobera (Neue Oper Wien), Helga Machreich-Unterzaucher (Management), Dr. Birgit Meyer (Intendantin der Köln), Mag. Angelika Moser (Schönberg Center Wien), Thomas Mittermayer (Künstl. Betriebsbüro und Pressechef Musikverein).

Als trefflicher Moderator sei Dr. Thomas Dänemark von den „Freunden der Wr. Staatsoper“ gelobt. Der Präsidentin der Zadek-Stiftung, Maria Venuti, gebührt ebensolcher Dank wie der Organisatorin und Pressebetreuerin Mag. Gabriele Korn.

Somit bleibt das Fenster in die Zukunft geöffnet: Wie werden sich die Ausgezeichneten weiter entwickeln?

Sieglinde Pfabigan

 

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