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WIEN/ MUSIKVEREIN: DIE WIENER PHILHARMONIKER UNTER ANDRIS NELSONS

16.12.2014 | Konzert/Liederabende

Wien/ Musikverein: Wiener Philharmoniker mit Andris Nelsons am 15.12.2014

 Im Rahmen des Goldenen Musikvereinsabos wurde ein ganz besonderes Programm geboten. Als Beginn und erster Höhepunkt erklang Joseph Haydns Symphonie in G-Dur „Mit dem Paukenschlag“, die ja nicht grundlos zu den bekanntesten Werken der „Wiener Klassik“ zählt. Sie wurde für Haydns erste Londonreise komponiert und am 23. März 1792 uraufgeführt. Die Legende, dass Haydn das sanft entschlummerte Publikum mittels Paukenschlag aufrütteln wollte, ist gut erfunden und wird noch heute gerne erzählt. Tatsächlich ist der Paukenschlag ein Schlag des gesamten Orchesters und war als Marketinggag zur Steigerung der Aufmerksamkeit geplant – die Symphonie wurde im Englischen als „The Surprise“ genannt.

 Im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins klingt dieses Meisterwerk besonders eindrucksvoll und hat in der Interpretation durch die Wiener Philharmoniker keine unterstützenden Werbemaßnahmen nötig. Paradoxerweise war gerade der Paukenschlag das einzige Detail, das an diesem Abend nicht optimal (zu früh!) gelang. Die schlichte Zartheit des zweiten Satzes wurde mit spielerischer Leichtigkeit perfekt präsentiert und zeigte, dass die genialsten Melodien meist auch die einfachsten sind.

Als zweiter Programmpunkt  – als „Sandwichstück“ – wurde die Romanze für Fagott und Orchester von Edward Elgar mit Michael Werba als Solist gegeben. Zwischen den beiden Meisterwerken der sinfonischen Musik hatte es dieses Stück, das sich im Bekanntheitsgrad mit Elgars „Land of Hope and Glory“ nicht messen kann, nicht leicht, die verdiente Aufmerksamkeit zu erreichen.

 Der absolute Höhepunkt des Abends war natürlich „Eine Alpensymphonie“ von Richard Strauss, die als Krönung seines sinfonischen Schaffens angesehen wird. Diese „Programmmusik“ beschreibt vordergründig eine Bergwanderung vom Morgengrauen mit Sonnenaufgang – den Anstieg durch den Wald, neben dem Bach, am Wasserfall über Wiesen und Almen, über den Gletscher bis zum Gipfel, mit Stille vor dem Sturm, mit Gewitter, Sonnenuntergang und schließlich der Rückkehr in der Nacht. Darüber hinaus symbolisiert Strauss damit auch die Stationen des menschlichen Lebens und die Anbetung der Natur als Gegenthese zur religiösen Philosophie. Der Arbeitstitel lautete bis zur Verfassung der endgültigen Partitur: „Der Antichrist – eine Alpensinfonie“ und stellt – wie auch „Also sprach Zarathustra“ eine von der Philosophie Friedrich Nietzsche beeinflusste Tondichtung dar.

 Die Wiener Philharmoniker zelebrierten eindrucksvoll ihre überragende Strauss-Kompetenz und bereiteten uns beim Sonnenmotiv tiefgehende Emotionen und pures Glücksgefühl – man wünscht sich, dass die Zeit stehen bleibt. Die Streicher demonstrierten den unvergleichlichen Wiener Klang, Blech und Holzbläser spielten makellos und die vielen Sonderinstrumente erzeugten – auf dem Fundament der mächtigen Orgel (Mats Knutsson) – einen Klang, der emotional das unterste nach oben kehrte. Andris Nelsons bewies wieder einmal, dass er ein begnadeter Strauss-Interpret ist, der – gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern – zu einzigartigen Interpretationen fähig ist.

 Dieses Werk, von diesem Orchester in diesem Saal – das hat schon etwas von Vollkommenheit!

 Maria und Johann Jahnas

 

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