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WIEN/ Musikverein Brahms-Saal : WIENER CONCERT-VEREIN unter Jakob Lehmann

29.10.2024 | Konzert/Liederabende

MUSIKVEREIN/ Brahms-Saal : WIENER CONCERT-VEREIN unter Jakob Lehmann am 28.10.2024

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Jakob Lehmann und Laila Salome Fischer. Foto: Robert Quitta

Jakob Lehmann ist einer der aufstrebendsten und vielfältigsten Dirigenten seiner Generation. Sehr auf historisch informierte Aufführungspraxis bedacht, ist er u.a. Künstlerischer Leiter des Kammermusikensembles „Eroica“ und des New Yorker Belcanto-Festivals „Teatro Nuovo“.

In Österreich hat man ihn zuletzt bei den Bruckner-Tagen in Linz gehört, wo er gemeinsam mit „Les Siècles“ Bruckners unvollendete Neunte zur Aufführung brachte. Die bodenständige Kritik war ob seiner Interpretation einigermaßen irritiert: sie sei „zu schnell“ und „schmecke nicht nach Geselchtem“.

Mit Bruckner eröffnete er auch den Abend mit dem Wiener Concert-Verein im Brahmssaal. Und zwar mit den selten gespielten „Drei Orchesterstücken“ aus dem Jahre 1862, Ergebnisse seines „post-graduate Studiums bei Otto Kitzler. Diese mögen zwar „Schularbeiten“ sein, sind aber äußerst interessant, da sie – selbst in kammermusikalischer Besetzung – bereits den ganzen späteren symphonischen Bruckner enthalten.

Als – vom Wiener Concert-Verein so geliebten – Kontrast folgte darauf Charles Ives‘  avantgardistischer Klassiker „The Unanswered Question“, dessen Kühnheit bei jedem (seltenen) Wiederhören immer wieder erstaunlich ist.

Wegen einer Stimmbanderkrankung von Laila Salome Fischer wurde die rare Rossini-Kantate „Giovanna d‘Arco“ leider durch eine langweiligere Schubert-Ouvertüre ersetzt (des Konzertmeisters Ansage, dass es sich dabei ohnehin um etwas Ähnliches handelt, war – wenn man den fanatischen Rossini-Hass von Schubert kennt – einigermaßen absurd).

Für die (wegen der Pandemie verschobenen) nachgeholten Uraufführung von Tanja Elisa Glinsners „Scena di Medea“ reichte dann die lädierte Stimme von Frau Fischer wieder – was per se kein besonders gutes Licht auf die zeitgenössische Musik an sich wirft. Und wieso gerade die blutrünstige verräterische Mehrfachmörderin Medea (neben der gewalttätigen kriminellen Zigeunerprostituierten Carmen und der sadistischen – Eigendefintion – „Geniespermasammlerin“ Alma) zur Opfer-Ikone der Frauenbewegung geworden ist, bleibt die „unanswered question“ des Feminismus im Spätstadium. Zumal man auch von den zusammengestückelten Grillparzer-Zitaten nahezu kein Wort versteht. Musikalisch betrachtet ist am originellsten, dass die Streicher ab und zu aufstehen und einen Gong oder ein anderes Schlagwerk bedienen müssen. Na bumm ! Ansonsten sind sie (strengstens notiert !) dazu angehalten, ihre kostbaren Instrumente auf vorhersehbarste Weise zu quälen und malträtieren. Im Repertoire wird sich dieses Werkchen wohl eher nicht halten …

Robert Quitta

 

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