Theater a.d.W./MQ „Romeo et Juliette“. Premiere am 23.2.2024
Eigentlich müsste man als Kritik an dieser Aufführung ein weißes Blatt mit vielen Fragezeichen verfassen (leichtes Spiel, nur die Verteilung wäre variabel). Aber man möchte denen, die nicht anwesend waren, doch mitteilen, dass die Serie der unerklärbaren Fehlgriffe im Regiebereich ungebremst weitergeht. Marie-Eve Signeyrole hat versucht, dem Werk einen pfiffigen, modern sein sollenden Anstrich zu verleihen.
Melissa Petit, Julien Behr. Foto: Monika Rittershaus
Den Ort der Handlung nach Hollywood zu verlegen, ist möglich, aber unnötig. Genausogut hätte man auch ein Weingut in der Antarktis wählen können. Denn verfeindete Familien gibt es wohl überall. Allerdings weist vieles im Text nicht unbedingt auf die USA der Fünfzigerjahre hin. Die Bühne /Fabien Teigne) ist geteilt, oben die nun schon unersetzbare Leinwand für das live verfilmte Geschehen auf der Bühne (hat bei Salome an der Staatsoper besser geklappt, beim Freischütz im Theater an der Wien noch schlechter), unten die etwas eingezwängte Aktiv-Handlung..
Im Einführungsgespräch wurde darauf hingewiesen, dass man das Gefilme im letzten Akt weggelassen hat – was dem Zuschauer fehlen würde ??? Man ließ das Ensemble in recht brauchbaren Kostümen (Yashi) auf der Bühne schalten und walten. Es würde den Rahmen dieser Kritik sprengen, zählte man alle Widersinnigkeiten auf. Zwei seien aber doch erwähnt: Zur Auflockerung der Handlung mussten zwei Pop-Songs herhalten, die waren bekannt und ordentlich performt (das Wort passt zu diesem Abend), aber der Rest der Oper passte halt nicht dazu. Nun käme im Normalfall die wohlwollende Passage über gute musikalische Leistungen. Hier passiert die Ausnahme: Das nicht optimal disponierte Orchester spielte unter dem Dirigat Kirill Karabits‘ zeitweise breiig langsam, dann enfesselte man Wagner-Klang pur. Beides nicht befriedigend. Der guten Leistung des Arnold Schönberg-Chores unter Erwin Ortner konnten die vielen Missverständnisse nichts anhaben. Melissa Petit war eine überzeugende Juliette, ihre Höhensicherheit beeindruckte. Julien Behr sang den Romeo etwas unausgeglichen, das Lyrische gelang weniger gut als das Dramatische. Da blühte seine Stimme auf und bewältigte alle Höhen mühelos. Etwas enttäuschend das übrige Ensemble, Daniel Miroslaw war ein grobstimmiger Frere Laurent, das wäre eine Idealbesetzung für den Großinquisitor. Brett Polegate als Capulet überzeugte mit Lautstärke, Svetline Soyanova war eine gute Besetzung des Stephano. Alexander Teliga ein rauer Duc de Verone.
Heftige Bravorufe für das Leading-team waren wohl etwas überzogen, die Buhs dominierten. Schade um diese wunderschöne Oper!
Johannes Marksteiner