05.04.2024 Musiktheater an der Wien/ Museumsquartier „Kublai Khan“
Foto: Herwig Prammer für Musiktheater an der Wien
Das Opernhaus für Raritäten hat ein letztes Mal für diese Saison zugeschlagen: Das völlig unbekannte Werk Antonio Salieris, „Kublai Khna“, wurde aus der wohlverdienten Versenkung geholt, wohl auch, um den gegenwärtigen Musikfreunden zu beweisen, dass man nichts versäumt, wenn man es nicht gesehen hat. Wenn nun selbst der Regisseur von der Unspielbarkeit dieser Oper überzeugt ist (Zwischenfrage: Welche Werke können/dürfen dann heute noch im Original gespielt werden?), fragt man sich, warum Martin G. Berger dennoch den Versuch unternimmt, etwas Brauchbares auf die Bühne zu stellen.
Die Idee, Handlung in mehreren Schichten ablaufen zu lassen (Original – Unterbrechung durch den Komponisten – Verlegung in die Gegenwart – wieder Stücke des Originals), ist nicht mehr originell, aber immer noch verwirrend. Denn gleichzeitig den Text mitzulesen, das Geschehen auf der Bühne und auf dem schmalen Steg um das Orchester herum und auf der Leinwand, die auch gelegentlich mit lustigem Inhalt bespielt wird, zu verfolgen, ist mühsam bis unmöglich. Die Musik klingt zeitweise tatsächlich wie ein früher Mozart, man achtet aber bald nicht mehr darauf, weil die vielfältigen Eindrücke alles überdecken. Erst nach der Pause sind auch kurze Passagen zu hören, die Qualität haben, leider ist man da aber schon ermattet und seht ein früheres Ende (Spieldauer dreieinviertel Stunden, also um gut eine Stunde zu lang) herbei. Die behübschte Handlung zieht sich wie der sprichwörtliche Strudelteig bis zum bitterschokoladen süßen Happy End. Das Bühnenbild (Sarah-Katherina Karl) zeigt alle Pracht eines östlichen Palastes, die Kostüme (Alexander Djurkov-Hotter) sind schön bunt und zeitgenössisch.
Die schwierige Aufgabe der musikalischen Präsentation lag beim Dirigenten Christophe Rousset in guten Händen. Er leitete das Orchester, Les Talens Lyriques, sicher und routiniert, mit Ausnahme der Ouvertüre, die Klangschönheit vermissen ließ, war der Klangkörper eine wichtige Stütze des Ensembles. Christoph Wagner-Trenkwitz war als Salieri in seinem Element, mit Witz und Spielfreude agierte er als verzweifelnder und letztendlich resignierender Komonist dieser immer noch nicht-aufgeführt-werden-dürfender Oper. Die beiden Soprane, Marie Lys als Alzima und Ana Quintans als Memma gefielen durch sichere Höhe, perfekt gesungenen Koloraturen (da schimmerte gelegentlich die Königin der Nacht durch). Bei den Herren war der Tenor Alasdair Kent (Timur) mit Abstand der Beste, seine sehr schlanke Stimme meisterte die höchsten Höhen makellos. Carlo Lepore als Kublai betörte nicht durch schönes Timbre, Kraft allein reicht da nicht. Fabio Capitanucci stand ihm diesbezüglich sehr nahe. Etwas besser wirkte Aenaeas Humm als Posega, sein solider Bariton bot doch einiges an Qualität. Das Publikum klatschte erleichtert, ausgenommen einiger Buh-Rufer, die, wem auch immer warum auch immer, ihr Missfallen ausdrückten. Mehrmals will man diese Oper vermutlich nicht sehen.
Johannes Marksteiner