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WIEN/ Musiktheater an der Wien im Museumsquartier:  „DER IDIOT“ von Mieczyslav Weinberg

28.04.2023 | Oper in Österreich

WIEN/ Musiktheater an der Wien im Museumsquartier: 28.04.2023  „DER IDIOT“ von Mieczyslav Weinberg

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Es war ein kühner Plan Mieczyslav Weinbergs, Dostojewskis Roman zu vertonen. Das Ergebnis ist ein Monsterschinken, überfrachtet mit Pathos und gigantischen Klangexzessen. Es mag angehen, dramatische Szenen durch Über-Lautstärke – sowohl des Orchesters als auch der Sänger – zu betonen, aber wenn das über 80% der Zeit einnimmt, lässt die Wirkung nach, ergreift Übermüdung und Abstumpfung Paltz. Das Gehör, vor allem wenn es sehr empfindlich ist, wird überreizt, da bleibt nur mehr Müdigkeit, sobald die Aufnahmekapazität erschöpft ist.

Die Regie (Vasily Barkhatov) hat dazu beigetragen, die Romanvorlage in einen Reißer umzuwandeln. Die Theatralik der Hauptdarsteller ist hier selbst für russische Verhältnisse übertrieben. Das Bühnenbild (Christian Schmidt) ist originell und für alle Szenen passend, durch die – sich vielleicht zu oft drehende – Bühne sind rasche Szenenwechsel möglich. Das RSO-Orchester unter dem ausgezeichneten Dirigenten Thomas Sanderling spielte die schwierige Partitur mit großem Einsatz, wenn auch hier weniger mehr gewesen wäre. Solide wie immer der Arnold Schönberg-Chor unter Erwin Ortner.

Die in jeder Hinsicht herausragenden Solisten: Dmitry Golovnin als Myschkin mit schneidend scharfem aber sehr sicherem Tenor, Ekaterina Sannikova als Nastassja, ebenfalls grellstimmig und an der Schmerzgrenze singend, sowie Ieva Prudnikovaite als Aglaja mit hoher Durchschlagskraft dominierten das Geschehen mühelos. Etwas unter ihrem Wert mussten sich Dmitry Cheblykov als Rogoschin mit kräftigem Bariton und Petr Sokolov als Lebedjew mit ebenso klangmächtiger Stimme „geschlagen geben“.
Fazit nach 220 sehr anstrengenden Minuten: Lautstärke allein macht’s nicht, auf die Dosis kommt es an, das gilt auch für die Länge der Aufführung.  

Johannes Marksteiner

 

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