22.03.2023 Th.a.d.W. „Der Freischütz“
Copyright: William Minke
„ …mich fasst Verzweiflung“ wäre ein gutes Motto für diese Produktion. Die moderne Manie, alles mit Videosequenzen zuzukleistern, ist derzeit wohl unausrottbar. Eine ganze Oper als Videoübertragung auf eine Leinwand zu projizieren, setzt dem Trend die Krone auf.
Regisseur David Marton setzt auf die Wirksamkeit des Bildes, vor allem wenn es unscharf und verwackelt präsentiert wird. Schwindelgefühle beim Zusehen sollten nicht fixer Bestandteil einer Opernaufführung sein. Warum man die Dialoge in verschiedenen Sprachen brachte, konnte niemand verstehen. Zum Schluss sah man neben unscharfen und verzweifelten Sängern in Nahaufnahme auch Szenen aus dem Alltag (U-Bahn-Zugänge, Straßenbahn Linie 62, Staatsoper und Würstelstand, Südosttangente bei mäßigem Berufsverkehr) – da blieb nur „Augen zu und durch“.
Unter diesen Umständen kam die Musik natürlich zu kurz. Ein tapfer spielendes Orchester, die Wiener Symphoniker unter Patrick Lange, bemühte sich, die vielen bekannten Arien zu begleiten, bisweilen mit Erfolg. Der ansonsten souveräne Arnold Schönberg-Chor unter Erwin Ortner war zwar gut wie immer, in der Nahaufnahme zeigten sich allerdings grobe Synchronfehler – war das eine Aufzeichnung? Von den Sängern, die natürlich auch unter den Gegebenheiten zu leiden hatten, wäre vor allem Jaquelyn Wagner als Agathe positiv zu nennen. Ihre kräftige, höhensichere Stimme wirkte wie ein Fels in der Brandung. Auch Sofia Fomina als Ännchen konnte mit guter Stimme und klarer Höhe punkten. Tuomas Katajala zeigte als Max wenig Schmelz und viel Kraft, ebenso konnte auch Alex Esposito als Kaspar wenig Stimmzauber bieten. Levente Pall sang den Eremiten mit zu wenig Kraft, die Tiefe war wenig beeindruckend.
Ein Buh-Orkan der Sonderklasse für das Leading-Team war der verdiente Lohn. Ein Opernabend zum Abgewöhnen.
Johannes Marksteiner