Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Musiktheater an der Wien im Museumsquartier: „BELSHAZZAR“ als The Menetekel Cruelty Show

23.02.2023 | Oper in Österreich

Theater a.d. Wien im Museumsquartier:

„BELSHAZZAR“ als The Menetekel Cruelty Show (22.2.23)

Es funktioniert hier gar nicht schlecht, Georg Friedrich Händel erträgt die Show. Dieses in Operninszenierungen aktuell so gepflegte Manipulieren mit Videoeinspielungen, kuriosen Neudeutungen der Story, mit nicht immer so klaren Überschichtungen und den Versuchen, früherem Kulturgut ein für heute neumodisches Gewändchen umzuhängen. Ja, diese so immens aufwendige Kurzzeit-Produktion für nur sechs Abende von Händels spätem Oratorium „Belshazzar“ vermag das (hier schon sehr reife) Publikum anzusprechen. Auch wenn sich so mancher Händel-Fan zum frühzeitigen Abwandern entscheidet.

Jedenfalls aber – die in vier horizontale Streifen unterteilte breite Bühne im Wiener Museumsquartier lebt. Ganz oben: die schon sehr geschickt beherrschte Video-Welt. Darunter die eigentlich Spielebene. Ganz unten musiziert das von Christine Pluhar geleitete so stilsichere L’ARPEGGIATA-Ensemble, welches mit Händels kompositorischen Künsten in ihren vielen Facetten als Hörgenuss aufwarten. Vielleicht nur, wegen der andauernden Ramasuri da über den Musikerköpfen, etwas zu verschüchtert im Auftritt. Jedenfalls, in und vor dem belagerten biblischen Babylon geht es jedenfalls rund zu. Die spielwütige Sängergemeinschaft des Schoenberg Chores darf, von ruhelosen Projektionen getrieben, als persische, babylonische oder jüdische Volksschar emsig, emsig, emsig werken, umtriebig hin und her laufen – muss aber auch, schaurig, die Gräueltaten, gefühllose Vergewaltigungen, psychischen Zusammenbrüche des unablässig drohend mit Messer herum torkelnden Belshazzar miterleben. Kein Zweifel: unsere The Menetekel Cruelty Show hat es in sich.  

Glücksfall für die gastierende und wohl treffend kalkulierende Regiedame Marie-Eve Signeyrole, dass ihr begnadete Singschauspieler voll beistehen: Robert Murray als abstoßender, ungemein widerwärtiger Belshazzar; Jeanine De Bique als seine Mutter mit ambivalenten Gefühlen; Vivica Genaux zur Einnahme von Babylon aufrufend; Eva Zaicik als Prophet Daniel mit milden Tönen; Michael Nagl als ein nach Rache Sinnender …. sie alle überzeugen als Charakterdarsteller wie als Sänger von Format.

Natürlich kommen da im Grusical noch einige zeitgeistige optische Anspielungen oder Überspitzungen dazu: Wasserschwemme wie Wassernot am umgeleiteten Euphrat, Belshazzars Saunaorgie, großer Sprudel, kleiner Sprudel …. Und trotz Videokameras, Streaming, Wasserglück und Todesstoß – Georg Friedrich Händels musikalische Zutaten strömen, Allegro wie Largo, die edle Reinheit barocken Musizierens aus. 

Meinhard Rüdenauer 

 

Diese Seite drucken