16.11.2022 Theater an der Wien/MQ „La gazza ladra“ von Rossini
Foto:Monika Rittershaus
Der zweiten Produktion des neuen Intendanten, einer Aufführung der selten gespielten Oper Rossinis, war kein voller Erfolg beschieden. Das liegt zum einen am den schwachen Libretto Giovanni Gherardinis, allein die Vorstellung, für Diebstahl zum Tode verurteilt zu werden, jagt einem kalte Schauer über den Rücken. Die sonstigen Verwirrungen und Verwicklungen machen das Geschehen auf der Bühne auch nicht besser. Zum anderen wirkt aber die Musik seltsam einfallslos. Die schmissige Ouvertüre, das Quartett zum Ende des ersten Aktes und die Chorszene nach der Verurteilung sind der Qualität Rossinis entsprechend. Das ist aber für einen Abend, der 3 Stunden und 40 Minuten dauert, eindeutig zu wenig. Zwar klingen immer wieder Momente an, die Großes erwarten lassen, und versanden dann in Beliebigkeit. Sehr routiniert komponiert (andere Komponisten wären glücklich, hätten sie ein Werk dieser Qualität schaffen können), aber in Summe zu wenig.
Dem Leadin Team darf man keine Vorwürfe machen, dass sie ein klassisches Werk versemmelt hätten. Regisseur Tobias Kratzer machte das beste aus dem lahmen Opus, die Filmeinspielungen waren zwar zu lange, zum Teil aber amüsant, vor allem, als die Elster am Ende im KHM bei der Saliera landete. Das Bühnenbild und die Kostüme (Rainer Sellmaier) waren sehr schlicht bis schäbig, aber für ein sehr armes Dorf passend. Das RSO spielte unter dem heftig rudernden Dirigenten Antonino Fogliano etwas zu forsch, nicht ganz das Niveau, das man erwarten würde. Die Leichtigkeit und Spritzigkeit, die einer Rossini-Oper zusteht, wichen Kraftmeierei. Der Glanzpunkt des Abends war der wie immer fabelhafte Arnold Schönberg-Chor unter Erwin Ortner. Diesen Ein- und Wohlklang hört manz woanders selten.
Bleiben noch die Solisten. Da gab es leider wenig Erfreuliches zu bemerken. Nino Machaidze bemühte sich nach Kräften, das unselige Dienstmädchen Ninetta glaubhaft darzustellen. Optisch stand sie einem Aschenbrödel sehr nahe. Ihre Stimme hat aber deutlich an Leichtigkeit und Charme verloren, da gab es trotz guter Höhe viel zu viel Dramatik und Schärfe zu vernehmen. war ein bewusst unbeholfener Giannetto unauffällig am Werk. Sein sehr heller („weißer“) Tenor passte aber vorzüglich zur Rolle. Die dunklen Stimmen dominierten vor allem in zu heftiger Lautstärke das Geschehen. Sowohl Fabio Capitanucci als Fabrizio, als auch Nahuel Di Pierro als Gottardo setzten ihre Wucht mit voller Kraft ein, in diesem relativ kleinen Raum ist das aber eher ohrenbetäubend. Die übrigen Rollen waren gut besetzt, ein kompaktes Ensemble ohne herausragende Kräfte.
Erschöpft dankte das Publikum aber dennoch den aufopfernden Bemühungen aller Mitwirkenden – keine Missfallenskundgebungen gegen die Regie, eine Rarität!
Johannes Marksteiner