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WIEN/ Musiktheater an der Wien: IDOMENEO konzertant. Wiedereröffnung nach zweieinhalb Jahren

14.10.2024 | Oper in Österreich

Idomeneo 12.10.2024 MusikTheater an der Wien:

ido

Zweieinhalb Jahre hat es bis zur Wiedereröffnung des Theaters an der Wien gedauert. Leider verhinderte die noch nicht vollständig erneuerte Bühnentechnik und Verstärkung der Statik des Schnürbodens eine völlige Inbetriebnahme für eine szenische Aufführung. Aus diesem Grund erfolgte die Inauguration des Hauses mit Mozarts Idomeneo, ebenda zuletzt 2013 gespielt, als konzertante Aufführung. Zeitlebens soll Mozart den Idomeneo für seine beste Oper gehalten haben und ich teile diese seine Einschätzung. Man könnte diese tragédie lyrique als eine, der späten Barockoper noch lose verhaftete, Choroper charakterisieren. Und tatsächlich: den Mitgliedern des hervorragend von Erwin Ortner einstudierten Arnold Schoenberg Chors kommt eine tragende Rolle in Mozarts Frühoper zu. Der Salzburger Hofkaplan Abate Gianbattista Varesco (1736-1805) hatte für sein sperriges Libretto das französische Trauerspiel Idoménée von Antoine Danchet (1671-1748) ins Italienische übersetzt und eigene Arientexte hinzufügte. Freilich wurden einige Arien für diese konzertante Aufführung gestrichen.

Das Orchester der Wiener Symphoniker unter dem britischen Dirigenten David Bates spielte einen im Großen und Ganzen recht gefälligen Frühmozart. In der Titelrolle war der deutsch-italienische Tenor Attilio Glaser mit ansprechendem Timbre in der Stimme zu hören. Der Konflikt mit seinem Sohn Idamante, der stellvertretend für Leopold Mozart und seinem Sohn steht, konnte in dieser Aufführung freilich nur angedeutet werden. In der Hosenrolle des Idamante gefiel die in Chicago geborene kubanisch-amerikanische Messosopanistin Emily Sierra, die durch die  Zurückweisung ihres Vaters Idomeneo verzweifelt und daran zu zerbrechen droht. Idamante führt seinerseits die trojanische Prinzessin Ilia als Gefangene mit sich. Als Einspringerin für die erkrankte Jeanine De Bique gefiel der ausdrucksstarke expressive Sopran der Slowakin Slávka Zámečníková. Und ebenso wie Marlis Petersen 2013 die Rolle der Elettra mit großem Erfolg interpretiert hatte, stand auch dieses Mal mit der Russin Elena Tsallagova eine Sängerin mit überwältigender Ausdruckskraft der Stimme auf der Bühne. Der taiwanesische Tenor Ya-Chung Huang ergänzte stimmlich solide in der Doppelrolle als Arbace, des Vertrauten Idomeneos, und als Hohepriester Neptuns. Der in Siebenbürgen geborene Bass Levente Páll lieh seine sonore Stimme dem Orakel vom ersten Rang aus gleich dem Deus ex machina der antiken Tragödie. Die Sopranistin Erica Alberini und die Mezzosopranistin Marie Charpentier-Leroy ergänzten stimmlich präsent als zwei Kreterinnen sowie der Tenor Carl Kachouh und der Bass Minhyeok Choi als zwei Trojaner. Das Publikum feierte die Aufführung am Ende mit lang andauerndem Applaus und zahlreichen Bravi-Rufen und gleichzeitig den gelungenen großzügigen Umbau des wohl schönsten Opernhauses von Wien.

 Harald Lacina, 13.10.2024

 

 

 

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