8.4.2018: Museumsquartier Wien, Halle E: Die Ballettakademie der Wiener Staatsoper mit „200 Jahre Marius Petipa“ – ein edler Eleven-Reigen im Ballettmuseum
Vor 200 Jahren, 1818, wurde Marius Petipa in Marseille geboren. Als der große stilbildende Choreograph des zaristischen Balletts im 19. Jahrhundert ist er in die europäische Kulturgeschichte eingegangen. 1847 choreographierte er erstmals im St. Petersburger Mariinski-Theater, zu dessen langjährigem Direktor – beinahe ein halbes Jahrhundert – er später auch ernannt wurde. Nicht vergessen sind viele seiner Tanzschöpfungen. Nicht nur wegen seiner famosen Ballettkomponisten wie Peter I. Tschaikowski, Ludwig Minkus oder Alexander Glazunov. Welchen Titelheldinnen hatte er zu heute immer noch währendem Bühnenleben verholfen? Raymonda, Dornröschen, Esmeralda, die Bayadere Nikija. Natürlich, auch viele aus dem Westen Europas übernommene (Giselle, Coppélia) oder wieder in romantischen Gefilden verblichene Grazien finden sich in Petipas so umfangreichem künstlerischen Schaffen.
Die Ballettakademie der Wiener Staatsoper hat zu zwei Vorstellungen von „200 Jahre Marius Petipa (1818 – 1910) – Altmeister der klassischenTanzkunst“ in die große Halle des Wiener Museumsquartiers eingeladen. Ein überlanges Programm mit ihren in Wien Studierenden wie auch mit Schülern der Hungarian Dance Academy in Budapest. Nun, Grazien, das sind sie alle, diese jungen Damen (bitte, auch die Jungs), welche sich zur Welt des Kunsttanzes hingezogen fühlen. Aber, bei dem derzeit so hohen Ausbildungsstandard weltweit und der damit verbundenen ungemein großen Konkurrenz und den damit geforderten Ansprüchen an bravouröser Technik wie an den Körper, nicht übersehen: Hinter dem Vorhang führt dieser heutige Zwang zu absoluter Präzision und Virtuosität zu einem rigorosen Dressurakt.
Zurück zu den Illusionen des ‚weißen‘ Balletts oder den dynamischen Gruppentänzen mit Folklore-Zuschnitt: Gefallen konnte er, dieser Ballettmuseum-Streifzug durch die Historie der spätromantischen Tanzschöpfungen in Russland. Noch nicht so ganz ausgefeilt mag die eine oder andere technische Finesse im „Don Quixote“-Pas de deux oder einer der „Paquita“-Variationen gewesen sein: Auf den Spuren des Franzosen in Russland hat sich der lang gesponnene Eleven-Reigen jedenfalls mit edler Attitüde fein präsentiert.
Meinhard Rüdenauer