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WIEN/ Leopold-Museum/ ImPulsTanz: Eröffnung mit JAN FABRE – Stehparty mit Küsserkönig

14.07.2017 | Ballett/Performance

13.7.2017: Eröffnung von ImPulsTanz 2017 im Leopold Museum:

STEHPARTY MIT KÜSSERKÖNIG

Im heutigen Kunstkommerz wird solch ein kleines Spektakel der Sparte ‚Performance‘ zugeordnet: „I am a Mistake“.

Jan Fabre, Flame in reiferen Jahren (Jahrgang 1958), ausgebildeter Schaufensterdekorateur und mit langer künstlerischer Vorgeschichte, wurde von ImPulsTanz eingeladen, um am Beginn der sommerlichen Veranstaltungsreihe einige Schwerpunkte zu setzen. Als Maler, Dramatiker, Regisseur, Choreograph …. nun ja, als schillernder Allroundman hat sich Fabre mit seinem genreübergreifenden In-Szene-setzen bei internationalen Kunstevents (wie auch bei den Salzburger Festspielen) einen Namen gemacht. Zur impulsierenden Einstimmung ist er im Leopold Museum mit einer „a new solo performance“ angetreten.

Fabre ist ein sehr intelligenter, zielstrebig denkender Kunstmacher. Er hat seinen Clan gefunden, er versteht sich richtig zu vermarkten – und er kann vorgeben, ständig Neues zu kreieren. So auch in dieser Mistake-Performance als Uraufführung ohne weitere Folgevorstellung. Was ist ihm dazu für Wien eingefallen, wie hat er sich in Szene gesetzt?

Also:

21:30 Uhr: Pünktlicher Beginn, stehendes aber auch am Boden sitzendes einigermaßen erwartungsvolles Publikum in der voll gefüllten großen Halle des Museums. Eher unschöne Schreie kommen aus dem Hintergrund, aus einer der Ecken: andauernd ‚ich-he‘ (oder so ähnlich; ein Wiener würde I A sagen). Fabre ist´s, mit dem Gesicht gegen die Wand, im guten schwarzen Anzug und mit aufgesetzten Eselsohren (gestylt). Schließlich sucht er sich ungestüm und weiter schreiend einen Weg durch die Menge. Landet an der nächsten Wand, auch am Boden.

  1. 22:00 Uhr: Fabre marschiert in das 1. Untergeschoss, küsst vor den dort ausgestellten Frauen-Bildern der Sammlung Leopold nette Damen, schreit weiter ‚ich-he‘. Aber auch ‚mistake‘ und unverständliches.
  2. 22:15 Uhr: Mit Bauchlage am  Boden; holt sich eine vorbestellte ebenfalls nette und betont adrett gekleidete Jüngere, heftet sich mit Küsschens und Zungenküssen an diese. Die Rufe haben nun aufgehört – beim Küssen schreit man nicht. Und runter in das 2. Untergeschoss.
  3. 22:30 Uhr: Zungenküssend aneinander gekettet wieder hinauf in das 1. Untergeschoss. 
  4. 22;45 Uhr: Raus aus dem Haus, küssend, bald wieder zurück.

Nach 23:00 Uhr: …. und dann, irgendwann, dürfte es vielleicht einmal zu einem Ende gekommen sein. Oder doch nicht….

Nun, für das zahlreich erschienene Publikum ist es ein Stehparty gewesen. Keine allzu spannend, man konnte locker plaudern und auch locker früher gehen. Eine wohl laue Show für solche Besucher, die dieses Geschrei und dieses innige Geküsse als Perfomance-Langweiler abgetan haben. Doch ‚mistake‘ hin und her, man muss solch Phänomene einer sich aufspielenden Selbstbestimmungs-Manie ihre Werte einräumen. Fabre hat sich in langjährigen Prozessen als ein Querdenker, einer der zu freiem, unbelasteten Denken führen möchte, etabliert. Unter dem Schutzmantel ‚Kunst‘. Diesmal als kurzfristig eingebürgerter Küsserkönig von Wien. 

Meinhard Rüdenauer

 

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