Kunstforum Wien: Ausstellung GERHARD RICHTER – Blasenkunst zu Höchstpreisen
Ja, diese Blase, die wohl bald einmal zerplatzende Blase – die Kunstblase. Es werden in diesen Jahren von Künstlern und Künstlerchen Kunstwerke munter drauf produziert und produziert. Es könnte ein Vergnügen sein, wenn diese bildnerischen Produkte nicht nur Insider-Neugierde anreizen, sondern auch so richtige allgemeine Freude oder gar Beglückung vermitteln würden. Bitte, um klar zu stellen: Zu wichtig ist es, dass der um Kreativität bemühte Mensch an dieser seiner Kunstproduktion sein eigenes Profil, seine persönliche Gewichtigkeit finden kann. Vor allem seine eigene Befriedigung. Doch wenn wir interessierte Blicke auf die unzähligen Vernissagen werfen, in die von schäbigen Graffiti beschmierten U-Bahn-Schächte eintauchen oder den grell gefleckten Bemalungen am Donaukanal entlang spazieren – so riecht es, riecht bereits viel zu vieles nach zu entsorgendem Kunstmüll.
Die Bildfindungen von Gerhard Richter, 1932 in Dresden geboren, werden zur Zeit mit unverständlich traumhaften Summe gehandelt. Ob dies auch stimmt? So heißt es jedenfalls im Kunstgeschäft. Sündig hoch wie der Djokovic-Smash oder der Messi-Kick. Dies weist auf eine ungute, eine zerbrechende Kultursituation hin. Somit bitte, ganz locker um eine objektive Betrachtung von Richters Schaffen im Wiener Kunstforum bemüht: Es ist eine wohl etwas unterkühlt wirkende, doch interessante Präsentation eines hierzulande kaum bekannten Malers. Diese Ausstellung kann gelegentlich staunend machen. Da sind hochsensibel schwirrende größere wie kleinere malerische Passagen zu entdecken. Reize sind gegeben. Doch die Frage wird sich stellen: Wie lang gefällt uns diese Malmanier, welchen Wert könnte sie in späteren Jahren habe? Diese großflächigen Wolkenbilder, dieses Übergroßformat mit kalkuliert angeordneten Farbklecksen, diese durch technisch bearbeitete Fotos ersetzbaren, sich wiederholenden verschwommenen Landschaften in ihrer gleichförmig strapazierten Einfachheit? Sie können sehr wohl Atmosphäre vermitteln, wirken aber ungemein simpel gegenüber den Naturvisionen eines Turner oder Constable. War schon Neuland anno dazumal, ist heute aber wohl bewährtes Gebrauchsgut.
Die diversen Abschnitte im Kunstforum haben ihre Titel: ‚Landschaften aus zweiter Hand‘ (Postkarten und so), ‚Landschaften als fiktionale Konstrukte‘, ‚Landschaften in Abstraktion‘, ‚Romantisierende Bilder‘ (ein zehntel an Substanz eines Caspar David Friedrich-Stimmungsbildes), oder ‚Übermalte Landschaften‘. Ist alles sehr gepflegt in der Kunstanstalt oder im begüterten Haus aufzuhängen. Sehr attraktiv. Und dann auch einmal, sicher keine gemalten Heiligtümer, wieder weg gegeben. Jedenfalls groß gehandelt und allerbestens verkauft. Also, nichts gegen die feinfühligen Arbeiten von Gerhard Richter! Doch ein Mahnmal bezüglich irreführender Wertigkeiten einer sich wandelnden Kulturwelt.
Meinhard Rüdenauer